Geld in der Reformationszeit

Schreckenberger um 1500


Beispiele für Preisangaben und Geldwerte



   

Da Vergleichsmaßstäbe für das Geld der Frühen Neuzeit und der Gegenwart nur unrealistisch festgelegt werden können, werden hier in Ergänzung zur Tabelle →  Geldwerte aus der Bauernkriegszeit Beispiele und Einzelpositionen aufgezählt:





Loskaufsumme für eine leibeigene Frau im Jahr 1518

Für die Leibeigene Barbara Breunger, die sich aus Öhringen nach Heilbronn verheiraten wollte, wurden 30 Gulden Lösegeld geboten. Nach dem Urkundenbuch der Stadt Heilbronn von 1518 hatten die Grafen von Hohenlohe darauf Anspruch. Für ihre Schwester waren bereits 40 Gulden erstattet worden. Eine gut bezahlte Magd hätte für den Loskauf der Barbara sechs bis acht Jahre arbeiten müssen, wenn sie alles verdiente Geld zurückgelegt haben könnte!
In den deutschen Landen war die Leibeigenschaft durch die "Geburt begründet", man wurde als Leibeigener geboren. In Schwaben, in Franken und in Westfalen ging die Zugehörigkeit von der Mutter auf die Kinder über. Wenn also der Vater z.B. Heilbronner war und die Mutter eine Leibeigene des Herzogs von Württemberg, so wurden deren Kinder ebenfalls Leibeigene des Herzogs von Württemberg. Solch unfreiheitlichen Zustand kennzeichnete z.B. das Schicksal der Familie des Malers →  Jörg Ratgeb.(1)





Sitzgeld in der Stad Heilbronn

Der am 16.5.1514 als Hintersasse aufgenommene Bildhauer Lienhard Seifert hatte der Reichstsadt ein jährliches Sitzgeld von einem Gulden zu zahlen. Er war offensichtlich alleinstehend, ein Verheirateter mit eigenem Haushalt zahlte dagegen fünf Gulden. (1)





Diamantenkauf in Basel

Um 1500 wurden für einen berühmten Diamanten, der "eine halbe Baumnuß" groß war,     5.000 Gulden bezahlt. (2)



Rechnung des Faktors Zimmermann vom 24.Februar 1512

Die Fugger belieferten die Habsburger mit besonderer Vorliebe. Im Jahr 1512 wurde für das Zeughaus folgende Bestellung für den Kaiser nach Insbruck und Lindau geliefert:
      200 Streitäxte je zu  24 Kreuzer
1 800 Hellebarden je zu  20 Kreuzer
5 300 Spieße je zu    3 Kreuzer
Diese Rechnung stellte der Faktor Zimmermann am 24.02.1512 aus. (2)
   

In Europa ist seit Beginn des 15. Jahrhunderts eine andauernde →  Münzverschlechterung festzustellen. So wird u.a. der Edelmetallgehalt der Münzen (Gold, Silber) fortlaufend verringert. Der Nominalwert einer Münze lag beispielsweise weit über dem ihres Silberanteils. Ältere Münzen wurden eingeschmolzen, der Anteil Edelmetall verringert und die neue Münze mit scheinbar gleichem Wert herausgegeben. Die Differenz war blanker Gewinn für die Goldschmiede, die Wirkung auf den Handel jedoch langfristig extrem schädigend. Aus diesem Grund untersuchte der katholische Domherr Copernicus die Zusammenhänge in der Wirtschaft und fand die Verursacher der Geldentwertungen heraus. Seine ihrer Zeit weit vorausgehenden Darlegungen wurden von den Herrschenden jedoch ignoriert. Die Schlußfolgerungen des Copernikus, z.B. eine einheitliche Währung und deren Stabilität betreffend, haben heute noch brisante Gültigkeit:



Der Astronom Nicolaus Kopernikus in seiner Denkschrift zur Münzreform

Münze ist geprägtes Gold oder Silber und dient dazu, die Preise käuflicher und verkäuflicher Dinge zu berechnen und zu zahlen, je nach Festlegung durch das Gemeinwesen oder dessen Oberhaupt. Sie ist also gewissermaßen das Maß für Bewertungen. Nun muß aber das Maß immer eine feste und beständige Größe haben, sonst würde die Ordnung des Gemeinwesens zwangsläufig gestört. Denn die Käufer und Verkäufer würden ebenso mannigfach betrogen werden, als wenn die Elle, der Scheffel oder das Gewicht nicht mehr ihre bestimmte Größe hätten. Als ein solches Maß betrachte ich daher die Bewertung der Münze selber; und obgleich diese auf der Güte des Materials beruht, muß man dennoch zwischen Geltung und Bewertung unterscheiden. Denn eine Münze kann höher bewertet werden als das Material, aus dem sie besteht, und umgekehrt...

Der größte und unerträglichste Irrtum ist es aber, wenn der Landesherr oder der Inhaber der Staatsgewalt aus der Münzprägung einen Gewinn zu ziehen sucht, indem er nämlich der bisherigen Münze eine neue zur Seite stellt, die im Korn und Schrot mangelhaft ist, aber angeblich die gleiche Bewertung wie die alte hat. Denn dieser betrügt nicht nur seine Untertanen, sondern auch sich selbst, weil er sich nur eines vorübergehenden und zumal geringeren Gewinns erfreut, nicht anders als ein knauseriger Sämann, der schlechtes Saatkorn aussät, um das gute zu sparen...

O, daß doch dies alles gebessert würde, solange es noch Zeit ist und ehe ein großer Fall geschieht...

Nicolaus Copernicus um 1517
Münzdenkschrift (3)


Die generellen Wirkungen schlechten Geldes kann man wie folgt zusammenfassen: Preise verlieren ihre Allokationsfunktion, daraus folgen Fehlinvestitionen oder ganz das Ausbleiben von Investitionen. Zugleich sinkende Effizienz im Wirtschaftsprozeß, Transaktionskosten steigen, Behinderung des Wachstumspotentials eines Wirtschaftsgebiets, schließlich Störung des sozialen Friedens und kulturelle sowie institutionelle Instabilität eines Gesellschaftssystems.(4)



Quellen-Angaben Hinweise
(1) Wilhelm Frenger, Jörg Ratgeb - Ein Maler und Märtyrer aus dem Bauernkrieg
Verlag der Kunst Dresden 1972
Hrg. Gustel Fraenger; Ingeborg Baier-Fraenger
S. 240 Anmerkungen Nr.5 und 7
(2) Götz Pölnitz, Jacob Fugger - Kaiser, Kirche und Kapital in der oberdeutschen Renaissance
ISBN 3168145726
Veröffntlicht von Mohr Siebeck 1949, S.141, 240
(3) Jürgen Hamel, Nicolaus Copernicus - Leben, Werk und Wirkung
Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg • Berlin • Oxford 1994 S.184-187
Siehe auch google-book
   →  Tractatus de monetis von Copernicus

über die Denkschrift des Copernikus in Wikipedia →  Münzdenkschrift
(4) Philip Robinson Rössner, Deflation-Devaluation-Rebellion    Geld im Zeitalter der Reformation
Franz Steiner verlag Stutgart 2012 S. 664
 
zur →   Preisrevolution   in www.bauernkriege.de
Münzverschlechterungen zwischen 1500 und 1600 (Entwicklung des Silber- und Goldäquvalents noch vor der Kipper- und Wipperzeit) in www.bauernkriege.de →  Silber- und Goldäquvalent



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Geldwerte
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ausgewählte Geldwerte
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und aus der
Frühen Neuzeit
Teil I Teil III




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Notizen zum Deutschen Bauernkrieg (Geld) / Hans Holger Lorenz / begonnen 2006 / Stand 11. Januar 2021 / (VIII) IX Wb-To

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