Der Taiping Aufstand (1851 - 1864)
der größte Bauernaufstand in der modernen chinesischen Geschichte

I. Textteil      II. Zeittabellen      III. Zeitgenossen      IV. Anhang    


Taipingtianguo

Immer größer werdende zeitliche Abstände zum Geschehen um das »Himmlische Reich des Großen Friedens« (Taipingtianguo) versprechen eine objektivere Darstellung dieser Ereignisse eher zu erleichtern als zu erschweren. Man darf und kann unabhängig betrachten. Trotz dieser Erleichterung scheinen einige Merkwürdigkeiten der Opiumkriege, die dabei eine wesentliche Rolle spielen, in Vergessenheit zu geraten. Europäische Darstellungen schweifen gern mit Ergriffenheit über Religionsbewegungen und deren Toleranzbandbreiten hin. Die harte ökonomische Realität jener Jahre soll hier wieder in den Blick gelangen.


Ein Widerstand formiert sich
Über Namen von Organisationen der Aufständischen sollte man sich nicht irritieren lassen. Es waren keinesfalls nur religiöse Sekten. Die größte, eine christliche, nannte sich ab 1843 Gesellschaft zur Anbetung des höchsten Herren. Auch diesen größten Bauernaufstand der modernen chinesischen Geschichte begleiteten theologische Formeln und Losungen. Historische Parallelen sind leicht zu finden auf dem Subkontinent Indien, in Europa und in Südamerika. Die furchtbaren zersetzenden Auswirkungen der Opiumeinfuhr auf die chinesische Bevölkerung mussten die dörflichen Gemeinden geradezu zum Widerstand herausfordern. Dieser formierte sich oft unter Lebensgefahr in größeren oder kleineren Geheimgesellschaften, deren Mitglieder der Mehrheit der Bevölkerung entsprechend Ackersleute waren. Hinzu kamen Stadtarme und vereinzelte Sympathisanten aus der Kaufmannschaft. Auch einige Grundbesitzer traten bei. Die politische Stoßrichtung des Widerstandes gegen die Minderheit der Mandschu entsprach Tatsache, das die Herrschenden der Qing-Dynastie aus dieser Nationalität stammten. Sie hatten einst den Han-Chinesen den mandschurischen Zopf bei Todesstrafe aufgezwungen. Jene Haartracht, über die sich später die europäische Kolonial-Journaille besonders abfällig amüsierte. Der wichtige Antrieb der chinesischen Gegnerschaft zu den Drogenbaronen wird historisch dagegen fast verschwiegen. Aber die fatalen Auswirkungen des Rauschgifts Opium betrafen fast alle gesellschaftlichen Schichten, am schlimmsten arme Bauern und kleine Handwerker. Moderne Quellen schätzen die damalige Zahl der Opiumabhängigen auf sechs Millionen Menschen. (1) Berücksichtigt man die sozialen Auswirkungen auf die Familienangehörigen der Süchtigen, kann man davon ausgehen, dass etwa 20 bis 25 Millionen Menschen von den schweren Schicksalsschlägen des Rauschgiftmissbrauchs betroffen waren.



Bauernrevolten

zwischen 1841 und 1849 sind 110 Bauernaufstände verzeichnet
1842 Erhebung der Han in Tjinghai
1843 Erhebung in Yünnan.
1844 Bauernaufstand auf Taiwan und in Hunan.
1845 Bauernaufstände in den Provinzen Gwangdung, Dshli, Shantung, Ganssu und Dsödjang
1846 Aufstände in den Provinzen Gwangssi, Hunan, Djangsu und Jünnan.
1847 In den Provinzen Hunan und Gwangssi bricht der Bauernaufstand aus, weil kaiserliche Beamte staatliches Getreide verhökern.
1848 Bauernaufstände in Gebieten zwischen Gwangdung/Gwangssi und Hwangdshou.
Es werden Gefangene befreit, Beamte getötet, Grundbesitzer und Kaufleute mit Zwangsabgaben belegt. Lebensmittelverteilung an die Bevölkerung
1849 In den Provinzen Gueedshou, Hunan und Gwangssi kann ein Bauernaufstand erst 1850 niedergeschlagen werden.
1850
bis
1856
Aufstiegs-Periode von Taiping
Vormarsch, Ausbreitung und revolutionäre Gesetze
1853 Einheiten der Taiping stehen vor Peking, ziehen aus eigenem Entschluß jedoch wieder ab.
1853
bis
1855
Besetzung Shanghais durch die Geheimgesellschaften Sanhoi und Xiaodaohui
1853
bis
1868
Aufstand der Nianjun (Fackelträger)
im
Huanghe-Becken
1855
bis
1873
Aufstand der Hui
in der Provinz Yunnan
und
in Nordwestchina
1856
bis
1864
Niedergang der Taiping
Führungskrise, Qliquenbildung,
fehlende Bündnissuche, Verrat
1864 Unter Führung des Engländers Gordon wird Nanking eingenommen.

Die historisch bedeutsamste Opposition gründete 1843 Hong Xiuquan (1814-1864) und es war keineswegs ein historischer Zufall, das sie sich unter einem Lehrer etablierte. Ganz freiwillig war Hong nicht zum Lehrer einer Dorfschule geworden. Seine Eltern und Brüderarbeiteten als Bauern und unterstützten den Jüngsten in der Hoffnung, aus ihm einen Beamten machen zu können. Seine Intelligenz und sein Fleiß reichten dafür aus, aber er entstammte einer Hakka-Familie und das Bildungssystem für die Beamtenlaufbahn war so ausgelegt, das vornehmlich Angehörige der Mandschu in die oberen Ränge aufsteigen konnten. Anfängliche lokale Prüfungen bestehend, fiel er in der Hauptprüfung in Kanton durch, wie man weiß, musste er dafür mehrmals in die Provinzhauptstadt reisen. Sechs Jahre lang hatte er dafür die konfuzianischen Klassiker tiefgehend studiert. Die Versorgung zum Lebensunterhalt zwang ihn nun in den Beruf des Dorfschullehrers, mit dem er die Familie gut unterstützen konnte. Inzwischen begegnete er einem protestantischen Missionar, der ihm für seine Selbststudien ein religiöses Buch schenkte. Vor 1840 schien er, vermutlich infolge eines Nervenfiebers, eine religiöse Vision zu haben. Er ließ sich taufen und schrieb Gedichte. Er selbst taufte seine engsten Freunde und Verwandten Feng Yün-shan (1822-1852) und Hong Rengan (1822-1864) und war bei den Dorfbewohnern beliebt. Eine Protestaktion, bei der er eine Lehrtafel des Konfuzius aus der Schule entfernte, machte ihn arbeitslos. Er verließ mit seinen Freunden die Gegend und begann zu predigen. Unter seinen ersten Anhängern fanden sich nicht nur Bauern, sondern auch Bergleute, Köhler, arbeitslose Flussschiffer und Lastenträger. (2) Sein engster Mitstreiter Feng Yün-shan, ebenfalls ehemaliger Dorflehrer, formierte aus dieser Gesellschaft nach und nach eine Organisation, die 1849 um die 10 000 ... 30 000 Mitglieder verband. Lehrer bildeten in China um diese Zeit eine starke Schicht der dörflichen feudalen Intelligenz, die die Elementarkenntnisse der chinesischen Schrift und die Lehren des Konfuzius den Bauern vermittelten. Hong Xiuquan, selbst Sohn eines Bauern, führte nicht gerade privilegierte edle Gesinnungsgenossen, sondern es bildeten sich große geordnete Bauernabteilungen, vereinigt aus Wut und Zorn. Verbitterung und Hass hatten sich infolge des ersten Opiumkrieges [1839-1842] angestaut. Nur so sind die späteren großen gewaltsamen Auseinandersetzungen zu erklären. Sie begannen, als in einem Provinzdorf am 11. Januar 1851 Hong Xiuquan den Aufstand gegen die Qing ausrief.

Die Mandschu - Träger der Qing-Dynastie
Die Mandschu stellten etwa 0,5 % der Bevölkerung. Sie wurden Mitte des 17. Jahrhunderts zur Niederschlagung eines anderen großen Bauernaufstandes, dem des Li Zicheng (1606-1644), von den chinesischen Feudalherren in das Land gerufen. Ihre straffen Kampfkolonnen durften in Peking einziehen und sie errichteten dort prompt und sofort ihre eigene Dynastie. Ihren Leuten verschafften sie privilegierte Stellungen und eigneten sich große Ländereien an. Die Anfangs ausgezeichnete militärische Organisation bildete den Rückhalt ihrer Macht, antimandschurische Gedanken wurden hart bestraft. Die Mandschu fassten Boden- und Kopfsteuer zusammen und führten Gesetze ein, Steuern in Silberbarren zu entrichten. Ihre Politik der verschlossenen Tür richtete sich nicht gegen den Handel mit Südostasien. Mit Europäern ließen sie sich nur auf eng begrenzten Handel ein, exportierten vorrangig Tee und Seide, die in Silber bezahlt werden mussten. Die berüchtigten Darstellungen von Zopftragenden Chinesen haben ihr Vorbild in der Pflicht, die die Mandschu zwangsweise während ihrer Machtergreifung einführten. Dieses Zeichen der Unterwerfung galt bei Todesstrafe für jeden chinesischen Mann. Mit abgeforderten Staatexamen sicherten sie vorrangig den Angehörigen ihrer eigenen Volksgruppe den Zugang zu hohen Bürokratiestellen. Volksaufstände gegen ihre Zwangsherrschaft schlugen sie blutig nieder. Besonders brutal gingen die Mandschu dabei gegen andere Minderheiten vor. Aber vor den ausländischen Invasoren kapitulierten sie zu schnell und offenbarten ihre Unfähigkeit, den chinesischen Staat verteidigen zu können. Von der Niederlage im ersten Opiumkrieg waren die Bauern besonders schwer betroffen. Das ins Land gewaltsam einströmende Opium musste nun den Europäern in Silber bezahlt werden, folglich stieg der Edelmetallpreis. Die Bauern verkauften ihre Produkte in einer Kupferwährung, die für die Mehrheit der Bevölkerung galt. Sie hatten im Gegensatz dazu ihre stetig wachsenden Steuern, die Entschädigungszahlungen an England und Frankreich mit finanzieren sollten, in Silber zu bezahlen. Die entstehende Silberknappheit stieß die einst florierende Landwirtschaft und die städtische Produktion in katastrophale Verhältnisse. Tausende Bauern verloren ihre Existenz und ebenso tausende Städter ihre Arbeit. Diese Herabgestoßenen bildeten den Kern der Taiping. Sie brachen zuerst die Zopfregeln und kleideten sich tapfer wieder chinesisch, dann griffen sie zu den Waffen. Ihre erklärten Hauptfeinde waren somit völlig erklärlich die Mandschu.

Wirtschaftliche Hintergründe
Die chinesische dörfliche Produktionsgemeinschaft benötigte am Anfang des 19. Jahrhunderts noch keine europäischen oder amerikanischen Waren. Fast vergleichbar mit einer Markgenossenschaft stellte sie selbst die benötigten Gebrauchswerte her, nicht selten in höherer Qualität. Das behinderte aus Sicht britischer Kaufleute den Absatz englischer billiger Manufakturprodukte in China, insbesondere von neuen Textilien. In England war 1812 der Ludditensturm auf Maschinen, der die Herstellung billiger Stoffe aber nicht verhindern konnte, von 12 000 Regierungssoldaten blutig nieder geschlagen worden. Der chinesische Export nach Europa schien hingegen eine einseitige Handelsrichtung zu werden. Gerade das beanstandeten die Handelsvertreter, jammerten gar vor dem Londoner Parlament und organisierten, aus einer gewissen Bezahlungsnot für importierten Tee, Porzellan und Seide den Rauschgiftschmuggel. In einer großen Bevölkerung, in China lebten etwa 400 bis 450 Millionen Menschen, stieg schnell der scheinbare Bedarf. Das Geschäft boomte unverhältnismäßig, und wie ein Zeitgenosse in der New-York Daily Tribune vom 25.9.1858 entlarvte, machte es 1856 ein Sechstel des Staatseinkommens der englisch (indischen) Regierung aus. Begonnen hatte der illegale Schmuggel vermutlich bereits 1773, wurde seit 1798 durch das Opiummonopol in Indien durch die englische Regierung forciert und gewissermaßen industriemäßig betrieben. Weil die Chinesen nicht bereit waren, ihre Exportgüter zu verschenken, nahmen sie zuerst Silber in Zahlung, worauf es in Europa zu einer Silberverknappung gekommen sein soll, wie damalige Medien propagierten. Fast selbstverständlich erschienen jetzt die Forderungen nach der Beseitigung von Handelsbarrieren laut als berühmte-berüchtigte Formel des Freihandels provokativ formuliert. Mit dem ersten Opiumkrieg gelang es Großbritannien, (indisches) Rauschgift als Zahlungsmittel für seine Importe und (chinesisches) Silber als Zahlungsmittel für seine Exporte militärisch durchzusetzen.
Die Formierung des großen Widerstandes der Taiping in Form der Gesellschaft zur Anbetung des höchsten Herren fällt nicht zufällig mit der Niederlage des Kaiserreiches am Ende des sogenannten englisch-chinesischen Konflikts zusammen. Der Begriff englisch-chinesischer Konflikt involviert unbemerkt den Gedanken, das chinesische Flotteneinheiten Englands Küsten bedrohten. Aber das alte Kaiserreich hatte keine Flotte und aus welchen Gründen auch immer den Seehandel für Chinesen seit Mitte des 15. Jahrhunderts untersagt. Trotzdem sah sich die englische Regierung, in deren Land der Handel mit Opium übrigens strafbar war, gezwungen, ihre tapfere Marine gen China zu senden. Das die chinesische Regierung die aufständischen Taiping verfolgte und bekämpfte, kam den Rauschgiftdealern sehr gelegen. Erste Aufstände soll es schon 1848 gegeben haben, weil Grundbesitzer eigene bauernfeindliche Milizen anwarben. 1850 besiegten Aufständische erstmalig Regierungseinheiten und einige Geheimgesellschaften schlossen sich den Taiping an. Im Herbst 1851 zählt man bereits Zehntausende Kämpfer. Sie eroberten die Stadt Yungan und gründet dort erfolgreich das Himmlische Reich der großen Gerechtigkeit, das Taipingtianguo.

Was kennzeichnete die Taiping?
Im Vordergrund stand seit 1851 die Losung Sturz der Mandschu-Herrschaft! Die Kaiserlichen sollten weg! Die, die sich unfähig zeigten, Schmuggler und Dealer zu bestrafen und die nicht fähig waren, Invasoren aus dem Land zu jagen. Es galt, mächtigen Widerstand zu bieten. Die Taiping hatten sich einige christliche Gedanken zu eigen gemacht, verknüpften sie mit chinesischen Morallehren und kamen so zu realistischen Reformvorschlägen. Der Kampf gegen den Teufel äußerte sich im Kampf gegen die Obrigkeiten der Mandschu. Den Menschen kam eine soziale Gleichheit zu, weil sie alle die Kinder Gottes waren. Damit ist auch die Gleichheit von Mann und Frau begründet. Folglich war der freie Zugang der Frauen zu allen Ämtern zu sichern. Selbstverständlich galt es, die Prostitution, den Brautkauf und die Sitte des Füßeverstümmelns (Lotosfüße) zu verbieten. Glücksspiele wurden untersagt, der Handel und der Gebrauch von Opium unter härtester Strafandrohung verboten. Denn Prostitution, Glückspiele und Rauschgift waren für die Taiping die Elemente schlimmster Kriminalität. Den Menschen der schwer arbeitenden Schichten wurde damit aus den Herzen gesprochen. Die Anführer der Aufständischen verkündeten diese Ziele als Gottesoffenbarungen. Das war schon neu bei einer Staatsgründung. Aber traditionsgemäß gaben sich die Anführer noch Königs- und Fürstentitel. Hong Xiuquan ernannte fünf Stellvertreter: Dongwang, den Ostkönig, Xiwang den Westkönig, Beiwang den Nordkönig, Nanwang den Südkönig und Yiwang den (Flankenkönig). Im Laufe der Ereignisse wird die soziale Herkunft der Persönlichkeiten, die diese Titel trugen, eine Rolle spielen.
In modernen Texten begegnet man neben politischer Korrektheit zuweilen auch Spuren jener Arroganz, die einst Kolonialherren kennzeichnete. Beispielsweise das herabwürdigende Feststellen, das sich Hong Xiuquan als Bruder von Jesus auswies. Jedem europäischen Leser kommt sofort ein gewisser Begriff in den Sinn. In der langen chinesischen Geschichte gehört das Formulieren solcher Herkunftsansprüche tatsächlich zu einer gewissen Tradition der Machtausübung. Die chinesischen Kaiser ließen sich oft als Söhne des Himmels deklarieren, um entsprechend der Forderung der guten Kräfte des Himmels auf Erden ihre Art von Gerechtigkeit herstellen zu können. Das erwartete die Bevölkerung von ihren Herrschern. Nur ein Anführer, der Rituale beherrschte, die überirdischen himmlischen Kräfte den Menschen gewogen zu machen und gleichzeitig vom Himmel gewissermaßen sanktioniert eigesetzt zu sein schien, fand reale Anerkennung. Die Anhänger des Taiping entwickelten ein für die Bauern leicht verständliches politisches Programm, bei dem sich die christliche Nächstenliebe geradezu anbot. Katholische Missionare waren schon seit 1581 in China unterwegs. Zu ihren kulturvollsten Streitern zählte einst der Jesuit Matteo Ricci (1552-1610). Dreihundert Jahre später hatten es die Taiping mit protestantischen Vertretern der Kirche zu tun, die ihnen die Biblischen Texte lieferten. So gab der aus den USA stammende Missionar Issachar J. Roberts (1802-1871) dem Anführer Hong Xiuquan einige Monate Unterricht in Christlicher Lehre. Der schwedische Missionar Theodore Hamberg (1819-1854) in Hongkong hielt enge Verbindung zum Taiping-Premier Hong Rengan. Dabei schuf er ein Wörterbuch der chinesischen Hakka-Sprache. Und der Deutsche Karl Friedrich August Gützlaff (1803-1851) übersetzte die Bibel ins Chinesische, allerdings trat er mehr hervor als Sekretär beim Britischen Gouverneur in Hongkong und als Dolmetscher bei den Vertragsverhandlungen des ersten Opiumkrieges auf britischer Seite.
Die ausländischen Mächte England und Frankreich sowie die Vereinigten Staaten von Amerika sympathisierten in der Taiping-Angelegenheit mit der kaiserlichen Regierung, obwohl sie ständig erklärten, eine Nichteinmischungspolitik zu betreiben. Die Antwort der Qing-Regierung in der Taiping-Frage bestand in der Entsendung von Truppen zur Belagerung von Yungan.

Der Nordfeldzug und der Westfeldzug der Taiping
Im Frühling 1852 durchbrachen die Taiping den Belagerungsring der Mandschu in Richtung Norden. Während ihres Zuges durch die Provinzen Hunan und Hubei zählte ihre Armee bereits eine halbe Million Aufständische. Massen der Landbewohner liefen zu ihnen über. Auch die Anhänger der Geheimgesellschaft Nien, die unter Zhang Lexing (1810-1863) die Nijan-Rebellion eröffneten, brachten große Verstärkungen mit. Den Truppen der Mandschu wurde eine Reihe von Niederlagen zugefügt und so konnten die Taiping größere Städte in Richtung Osten erobern. Seit Oktober 1853 versuchten sie vergeblich, die wichtige Hafenstadt Tianjin zu erobern. 1855 scheiterte ihr Nordfeldzug durch Mangel an Verpflegung und Nachschub.
Bereits am 19. März 1853 hatten die Taiping die Stadt Nanking erobert und sie zur Hauptstadt des neuen Staates gemacht und umbenannt in Tianjing (Himmlische Hauptstadt). Zur ihrer Sicherung starteten die Aufständischen nahezu gleichzeitig einen Westfeldzug. Dabei stießen sie 1554 auf die Hunan-Armee des Großgrundbesitzers Zeng Guofan (1811-1872) und wurden in schwere Kämpfe verwickelt. Die Taiping mussten sich aus Hunan und Hubei zurück ziehen. Es gelang ihnen jedoch, 40 Schiffe des Gegners zu versenken und im Frühjahr 1856 zwei große Lager der Quing-Armee zu vernichten. Damit war ihre Hauptstadt gesichert und der Höhepunkt der Militärmacht der Taiping erreicht.

Die Bodenverteilung
Von größtem Interesse für die Bauern blieb selbstverständlich die Bodenfrage und so verabschiedete die neue Regierung das Landgesetz des Himmelsreiches. Der Boden wurde nach Qualität beurteilt und nach Familien-Mitgliederzahl verteilt. Frauen und Männer erhielten gleich große Anteile. Den neu gegründeten Gemeinden ordnete man Speicher und Gebetshäuser zu. Sämtliche Lebensmittel und vorhandenes Geld blieben Gemeindeeigentum. Das sicherte die Versorgung der Arbeitsunfähigen und Waisen. Die Gemeinden stellten die Soldaten, die in Friedenszeiten ihrer normalen Arbeit nachgingen. In den neu von den Taiping besetzten Gebieten verjagte oder tötete man die Großgrundbesitzer und führte das neue Bodengesetz ein.
Die Humanität der Aufständischen überließ verbliebenen Adligen, die sich, wenn auch nur scheinbar, zur neuen Regierung bekannten, führende Stellen. Die Bauern hatten zu viel Achtung vor deren höherer Bildung und ihrer Schreib- und Lesefähigkeiten. Zum Dank dafür verzögerten jene die wichtigen Reformschritte oder machten teilweise revolutionäre Maßnahmen rückgängig. Aber in der neuen Hauptstadt Nanking blühte der Handel, das Leben verlief organisiert und frei. Neu waren Schulen und Ämter für die Frauen. Das straffe Opium-Verbot trug wesentlich zum erfolgreichen Aufbau bei. Man gab Zeitungen heraus, plante moderne Fabriken und weitreichende Eisenbahnlinien. Diese Maßnahmen gingen vornehmlich auf Hong Rengan zurück, der in Hongkong an der China-Mission eine Ausbildung erhalten hatte. 1859 legte er ein umfassendes Reformprogramm zur Schaffung moderner Infrastruktur nach dem Muster westlicher Institutionen vor. Seine Vorschläge betrafen nicht nur den Bau von Eisenbahnen und Dampfschiffen, sondern auch die Errichtung von Bergwerken und Krankenhäusern sowie einer Staatliche Post. Die Gründung von Versicherungen und Banken war angedacht.

Das Ende der Taiping
Einige Historiker bezeichnen das Himmelsreich des Großen Friedens (Taipingtianguo) mit seiner Hauptstadt Tianjing nicht ganz unberechtigt als bäuerlich-demokratischen Staat mit einer christlich beeinflussten Ideologie. Die befürwortenden Positionen lauten: Lösung der Bodenfrage, Gleichberechtigung der Geschlechter, gemeinsame Güternutzung, Abschaffung inhumaner Traditionsvorschriften und Verbot des Menschenhandels. Aber berechtigt ist auch die Frage, warum es zu tödlichen Auseinandersetzungen innerhalb der Taiping kam, die schließlich in die Niederlage der Bewegung führten. Erfolgreich hatten die Rebellen eine eigene Staatsmacht errichtet, erfolgreich verteidigten sie ihr Territorium in 18 Provinzen und über 600 Städten. Und erfolgreich hatten sie die ausländischen Rauschgiftbanden mit Waffengewalt aus ihrem Gebiet gejagt. Was war geschehen, das sie die Gewehre nun gegeneinander richteten?
Die Antwort darauf ist nicht einfach, es sei denn, man schreibt von den Siegern die verlogenen Horror-Darstellungen über die Rebellen ab. Nahezu alle Dokumente wurden vernichtet. Die Sieger machten sich sofort an die Austilgung der Zivilisation der Insurgenten. Von der Taiping-Kultur ist fast nichts überliefert, die Historiker konnten nur kleinste Splitter zusammentragen.

Es ist erklärbar, das es nach Jahren schwerer Schlachten und ständiger Einkreisungsgefahr seit 1856 zu Richtungskämpfen innerhalb der Aufständischen kam. Eine der Ursachen zeigt sich immer wieder in der Geschichte von Bauernkriegen: viele Helden der Anfangszeit starben bereits in den ersten aufreibenden Kämpfen. In der Taiping hatten sich mitunter auch Kräfte aus Grundbesitzerkreisen etabliert, die nicht zu den Herabgestoßenen zählten. Auch begüterte Adlige zeigten sich mit der Qing-Dynastie verfeindet. Der kränkelnde Gründervater Hong Xiuquan soll sich mehr und mehr aus der aktiven Führungsposition zurück gezogen haben.
Ein junger Mann hatte bereits seit 1851 die Staats- und Armeeführung de facto übernommen: Yang Xiuqing (1821-1856), der Ostkönig des Himmlischen Reiches. Der ehemalige Brennholzverkäufer aus der Provinz Guangxi bekehrte sich 1848 zum Christentum nach fieberhaften Visionen. Vermutlich sehr ehrgeizig übernahm der Zweiunddreißigjährige 1853 die Kontrolle über die Hauptstadt Tianjing. Er wurde später von Hong zum Premier ernannt und gab viele grundlegende Gesetze der Taiping heraus. Militärstrategisch begabt besiegte er im August 1856 mit seinen Leuten die Belagerungstruppen der Qing-Regierung.
Interessant ist sein Dissens mit Hong über die Frage des Ikonoklasmus und über den Konfuzianismus. Nach Meinung des Städters Yang seien Bilder von Drachen nicht frevelhaft und die konfuzianische Moral eigentlich etwas Positives. Der ehemalige Dorfschullehrer Hong hingegen wollte den Konfuzianismus ausgerottet sehen und lehnte Drachenbilder grundsätzlich ab. Unter Hongs Regie zerstörten die Aufständischen buddhistische und taoistische Klöster und zerschlugen Statuen und konfuzianische Ahnentafeln. Hong wollte neben dem einzig wahren Gott keine anderen Götter dulden, auch ein Ergebnis strenger protestantischer Ausbildung. Diese religiöse Intoleranz hat viele Bauern und arme Stadtschichten von den Taiping abgestoßen und offenbar gedachte Yang, die rigiden Fehler zu korrigieren. Die Starrheit Hongs ist ersichtlich an der Drachenbilddiskussion. Drachenbilder versinnbildlichten oft das Kaisertum, jeodch nicht in jedem Fall. Sie sind zugleich ein starkes Element in der Chinesischen Kultur und Kunst. Diese ideologische Auseinandersetzung könnte durch persönliche Rivalitäten eskaliert sein.
Der Nordkönig Wei Changhui (1823-1856) gehörte zum engsten Kreis um Hong schon seit den 1840er Jahren. Vermutlich entstammte er einer Grundbesitzerfamilie und er hatte eigene Machtambitionen entwickelt. Aber von ihm sind keine bedeutenden Taten für die Sache der Taiping überliefert. Ihm missfiel die Machtkonzentration in den Händen des Ostkönigs und zuweilen nahm der Zwist zwischen beiden Anführern gewaltsame Züge an. Er soll zum Mörder Yangs geworden sein. Da er anschließend dessen Position anstrebte, ließ er angeblich 20 000 Yang-Anhänger umbringen. So geriet er in Konflikt mit dem bedeutendsten Feldherrn der Taiping, mit Shi Dakai (1820-1863), dem Flankenkönig. Wei hatte Truppen von der Westfront in die Hauptstadt beordert um seine Verschwörung zu realisieren. Damit schwächte er die militärischen Positionen der Taiping, was Shi Dakai als Verrat empfand. Ebenso gehörte das Abschlachten von eigenen Leuten seiner Ansicht nach dazu. Shi musste wegen der laufenden Säuberungsaktionen des Wei jedoch fliehen. Seine Angehörigen wurden alle getötet. Aber die Frontgeneräle stellten sich auf seine Seite und ließen den Nordkönig kalte Ablehnung spüren. Wei beschloss in aussichtslose Lage gekommen, gegen den Gründervater der Taiping zu putschen. Die hastig durchgeführte Operation misslang, Hongs Elitewächter zeigten sich unnachgiebig und töteten die Angreifer. Mit dem Nordkönig starben zwei seiner kriminelle Bundesgenossen aus der Geheimbundzeit. Nach diesen Septemberereignissen des Jahres 1856 war für die Taiping nichts mehr wie vorher.
Die Popularität des kampferprobten Shi wuchs schnell, die Taipingkrieger vertrauten seinem Feldherrengenie. Dieser Held hatte selbst genügend Opfer für die neue Staatsmacht gebracht und somit auch ein Recht auf hohe Positionen. Hatte er nicht mehrmals die Hunan-Armee des Zeng Guofan (1811-1872) besiegt? War er es nicht, der den tödlichen Ring um die Hauptstadt aufsprengte? Seine Helden und seine Familie blieben unschuldige Opfer einer verräterischen Säuberungsaktion! In das Leben der Taipingleute zog Misstrauen ein. Der Clan um den Gründervater Hong wollte die Erfolge des Shi offenbar so nicht anerkennen. Es wurden Gerüchte gestreut und Verdächtigungen geäußert. Was nützte dem Flügelkönig da der versprochene Posten des Premiers? Shi erkannte die Gefahr eines inneren Bürgerkrieges. Klar sah er, der wäre das unausweichliche Ende des Taipingstaates. Die wirklichen Feinde standen draußen an der Front. Den Intrigenklüngel im Sommer 1857 zurück lassend zog er hinaus mit 100 000 seiner Mannen. Draußen galt es zu kämpfen, nicht in der eigenen Hauptstadt. In Guangssi und Sichuan waren Bauernaufstände ausgebrochen. Da wollte er hin zu ihrer Unterstützung. Seiner Armee gelang jedoch nicht die Überwindung des Hochwasser führenden Flusses Dadu. Die Qing-Armee stellte und vernichtete 1863 die dort wartenden Rebelleneinheiten, Shi geriet in Gefangenschaft und wurde getötet.

Für die Taiping waren damit noch nicht die letzten Messen gelesen. Hong ernannte zwei junge Kommandeure zu Generälen der Taipingarmee. Sie zerschlugen 1858 das große Nordlager der Qing und siegten in der Schlacht von Sanhezen. Im Mai 1860 vernichteten sie das Südlager der Regierungstruppen und besetzten Gebiete in den Provinzen Jiangsu und Zhejiang. Damit war die Hauptstadt Tianjing vorerst gesichert. Aber die Hunan-Armee rückte erneut vor und im September 1861 fiel mit Anqing eine wichtige Position. Tianjing geriet erneut in Gefahr.
Im Juni 1864 starb der Gründervater Hong Xiuquan an einer Krankheit oder beging Selbstmord - die Umstände sind ungeklärt. Im Juli gelang es den Regierungssoldaten, die Mauern von Tianjing zu sprengen und schließlich fiel die Hauptstadt des Himmlischen Reiches am 19. Juli nach schweren Sraßengefechten. Dabei wurde der letzte hohe General der Taiping gefangen genommen, verhört und anschließend getötet. Zeng Guofan ließ nach der Eroberung der Stadt ein Blutbad anrichten und alle aufgefundenen Dokumente der Taiping vernichten. Für diesen Sieg erhielt das historische Vorbild künftiger Warlords hohe Auszeichnungen und er sollte sich auch später noch an der Niederschlagung von Bauernaufständen engagieren.
Hilfe fanden die Qing im Ausland bei den zukünftigen Kolonialmächten. Sie erhielten nicht nur Waffen und Material zur Niederschlagung der Taipingrebellion. Auch bewaffnete ausländische Einheiten leisteten mörderische Dienste. Das Regiment der ausländischen Gewehre des Amerikaners Frederick Townsend Ward (1831-1862), Muster für heutige berüchtigte Privatarmeen, bekam trotz des Ehrentitels Immer siegreiche Armee einige schmachvolle Niederlagen durch die Taiping beigebracht. Ähnliche Verbände kamen auch aus England und Frankreich.
Eine kaiserliche Regierung, mochte sie noch so rückständig und brutal in ihrer Herrschaft sein, entsprach mehr den Interessen europäischer und amerikanischer Regierungskreise, vorausgesetzt, sie erfüllte die Forderungen der neuen Kolonialherren. Infolge dessen erhielten die Qing jede militärischen Unterstützungen, die sie zur Niederschlagung der Taiping benötigten.

Resümee
Die Taiping-Revolution war der größte Bauernaufstand in der neuzeitlichen Geschichte Chinas. Es entstand eine Staatsmacht, die vierzehn Jahre lang ihre Existenz zu verteidigen wußte und der Feudalherrschaft der Qing-Dynastie schwere Schläge versetzte. Ausländischen Invasoren erteilte sie fühlbare Niederlagen und in- und ausländischen Rauschgiftbanden verweigerte sie im eigenen Gebiet jegliches Erscheinen.
In der Regel werden die Opferzahlen, moderne Quellen geben zwischen 20 bis 30 Millionen Todesopfer an, den Taipingrebellen zugeschrieben. Andere sprechen von bis zu 5 % Bevölkerungsverlust Chinas. Dabei wird mitunter auf die Ermordung aller Mandschu-Angehörigen bei der Eroberung von Nanjing im März 1853 durch die Rebellen verwiesen, seltener auf Massenmorde in Folge der Niederschlagung des Aufstandes durch die Regierungstruppen. Bei der Auslösung dieser großen Massenunruhen wirkten die ausländischen Invasoren geradezu als Katalysatoren für die Zuspitzung der sozialen Konflikte. Ein europäischer Zeitgenosse bemerkte dazu, das die wuchernde Korruption zusammen mit den Opiumkisten in das chinesische Reich geschmuggelt wurde.
Tatsächlich erreichte die zu Beginn der Neuzeit in die europäischen Königshäuser einziehende und bereits dreihundert Jahre haltende Piratenmentalität mit den beiden Opiumkriegen weitere Höhepunkte. Staatliche Kriegsführung als Interessenvertretung internationaler Rauschgiftringe trug damals tatsächlich eine historisch einmalige Dimension, zumal sie nicht auf sonst übliches nationales Begrenzungsdenken verschiedener Staatsregierungen prallte, sondern bereits transatlantischen Gleichklang bekam: die Eliten Großbritanniens und Frankreichs, die Neureichen der USA und die verkommenen Adligen Rußlands tarierten erfolgreich ihre sonst extrem gegensätzlichen Interessen aus und bereicherten sich gemeinsam am Elend der chinesischen Bevölkerung. Zur gleichen Zeit ließen sie breite Bevölkerungsschichten in ihren eigenen Ländern schonungslos verarmen. Das bewiesen die Landarbeiterunruhen und die Chartistenbewegungen in England sowie die 1848er Revolutionen und Auswanderungswellen Kontinentaleuropas. Auch Aufstände wie der des John Browns in den USA und die Bauern- und Arbeiterunruhen in Kiew und in den Uralwerkstätten des Zarenreichs Rußland gehörten dazu.
Das geschichtliche Selbstbild Chinas und die sozialen Erfahrungen seiner Bevölkerung aus den letzten zwei Jahrhunderten werden noch lange ein gewisses Misstrauen im Bewusstsein widerspiegeln, wenn ausgerechnet europäische Vertreter bürgerlich-humanistische Ideale wortreich einklagen.

Karten über den → Taipingaufstand






Jahr Ereignis
1816 Die englische Ostindische Kompanie läßt Opium in Bengalen herstellen und davon 22.000 Kisten nach China einschmuggeln.
1830 40.000 Kisten werden so nach China eingeschmuggelt.
1838 Der chinesische Würdenträger Lin Tsê-hsü wird zum Sonderbeauftragten zur Verhinderung der Opiumeinfuhr ernannt.
1839 Lin Tsê-hsü läßt 20.000 Opiumkisten beschlagnahmen und vernichten, der Wert wird auf 4 Millionen £ geschätzt.
1840 Beginn des I. Opiumkrieges.
Großbritannien erklärt offiziell China den Krieg. Die englische Marine beschießt Küstenstädte.
1842 Afghanistan: Das britische Expeditionskorps mit seinen 16000 Angehörigen wird bei seiner Flucht vor afghanischen Stammeskriegern vollständig aufgerieben, einziger Überlebender ist ein Militärarzt. Die britische Gesellschaft der ⇒ Ostindische Kompanie muß das Land verlassen.
China: Englischen Verbände bewegen sich auf Nanking zu. Die chinesische Regierung ergibt sich und nimmt alle Forderungen an, das Verbot des Opiumhandels wird aufgehoben. Lin Tsê-hsü fällt in Ungnade. Am 29.August wird der ⇒ Friedensvertrag (von anderen Quellen als Ungleicher Vertrag von Nanking bezeichnet, abgeschlossen. Hongkong geht an Großbritannien.

In vier chinesischen Provinzen erheben sich Bürger und Bauern gegen die Kapitulation der Regierung und gegen die Invasoren, die Aufstände dauern bis 1849.
1843 Gründung der Gesellschaft zur Anbetung des höchsten Herren
(in anderen Quellen Gesellschaft für Gottverehrer genannt.)
1851 Die Opiumeinfuhr beträgt 55.600 Kisten.
Das chinesische Geldsystem gerät durcheinander, große Silbermengen fließen ins Ausland (England, USA), das Kupfergeld (Geld der Bauern!) wird entwertet, der Staatsschatz durch Kontributionszahlungen an die Sieger erschöpft.
Für die Bevölkerung werden Zwangsabgaben eingeführt, Bodenspekulationen breiten sich aus, die Bauern geraten in ungewöhnlich große Abhängigkeit von Wucherern und Pfandleihen.
1853 Oktober: Niederlage der Taiping vor der Hafenstadt ⇒ Tianjin, ihr Nordfeldzug scheitert
1854 Die USA, England und Frankreich stellen gemeinsam an die chinesische Regierung, u.a. die Forderung nach der Legalisierung des Opiumhandels.
1856 Nach Abschluß des ⇒ Pariser Friedens erklärt England China den Krieg - Beginn des II. Opiumkrieges.
Bombardierung Kantons
Die Verhaftung der Besatzung der Arrow (chinesisches Opiumschiff unter britischer Flagge) durch chinesische Behörden dient als Vorwand für die Bombardierung der Stadt.
In Südchina und Honkong kommt es zu Unruhen und Überfällen auf englischen Unternehmer.
1857 Gemeinsame englisch-französische Streitkräfte beginnen Kampfhandlungen in China.
1858 Der Krieg weitet sich in den nördlichen Teil Chinas aus.
Abschluß von englisch-chinesischen und französischen-chinesischen Verträgen.
Vertrag von Tianjin
1860 Nach erneuter Aufnahme der Kampfhandlungen wird Peking von englischen und französischen Truppen erobert. Ein englischer Lord läßt am 17. Oktober den Sommerpalast in Peking niederbrennen. Am 25. Oktober ratifiziert China den Vertrag von Tiajin.

Aufständische Taiping können Nanking erobern, aber scheitern an der Einnahme von Schanhai.




Persönlichkeiten und Zeitgenossen
Hong Xiuquan    

(auch:

Hung Hsiu−tjüan,

Hung Hsiou-tjüan,

Hung Hsju-tschüen)
(1814 - 1864) Geboren in einer Bauernfamilie, die im Kreis Huaxian (heute Huadu) in der Provinz Guangdong lebte. Gründer der Gesellschaft zur Anbetung des höchsten Herren. Dorflehrer, nahm den Herrschernamen Tianwang (Himmelskönig) an. Sein Tod ist unklar, soll nach der Niederlage Selbstmord begangen haben oder an einer Seuche gestorben sein.
Hong erhielt vom amerikanischen Missionar Issachar J. Roberts ein Buch über das Christentum.
Ernannte 1851 nach chinesischer Sitte fünf Stellvertreter-Titel (5 Könige):
Dongwang (Ostkönig)
Xiwang (Westkönig)
Beiwang (Nordkönig)
Nanwang (Südkönig)
Yiwang (Flankenkönig)
einige Anführer der Taiping unter Hong:
Lu Liu, Zeng Y-ashun, Shi Dakai, Yang Xiuqing, Xiao Chaogui
Hong Rengan (1822-1864) Vetter des Hong Xiuquan. Absolvierte in Hongkong an der China-Inland-Mission eine Ausbildung, legte 1859 ein umfassendes Reformprogramm zur Schaffung moderner Infrastruktur und Kopien westlicher Institutionen vor. Seine Vorschläge betrafen: den Bau von Eisenbahnen und Dampfschiffen, Errichtung von Banken, Bergwerken und Krankenhäusern, eine Staatliche Post, Gründung von Zeitungen und Versicherungen.
Hatte Verbindung zum schwedischen Missionar Theodore Hamberg.
Feng Yün-shan

(auch:
Feng Yunshan)
(um 1815-1852)Schulkamerad des Hong, Mitbegründer der Gesellschaft zur Anbetung des höchsten Herren. Dorflehrer. Fiel während der Kämpfe 1852.
Yang Xiuqing

(1821-1856) (auch: Jang Ssju-tjing / Yang Hsiu-tjing ?)Brennholzverkäufer, bekehrte sich 1848 zum Christentum nach einer Vision, interpretierte seine Worte als Aussagen Gottes durch ihn. Junger Taiping-Anführer aus der Provinz Guangxi, führte faktisch die Regierung und die Armee von 1851-1856. Vermutlich sehr ehrgeizig, übernahm 1853 die Kontrolle über die Hauptstadt. Wurde von Hong zum Premier ernanntund gab viele grundlegende Gesetze der Taiping heraus. Besiegte im August 1856 die Belagerungstruppen der Regierung.
Interessant ist sein Dissens mit Hong über die Frage des Ikonoklasmus und über Konfuzianismus. So seien Bilder von Drachen nicht frevelhaft und die konfuzianische Moral eigentlich etwas positives. Hong wollte den Konfuzianismus ausgerottet sehen und lehnte Drachenbilder ab. Die Taping hatten auch Tempel zerstört. Von Verschwörern innerhalb der Taiping im September 1856 getötet (vermutlich von Wei Changhui). Bei der Verschwörung sollen angeblich auch 20 000 Anhänger des Yang getötet worden sein.

Wei Changhui (1823-1856) (auch: Wee Tschang-huee) Taiping-Anführer aus Grundbesitzerkreisen mit eigenen Ambitionen, Verschwörer des September 1856, trat danach an die Stelle von Yang Xiuqing.
Shi Dakai (1820-1863)(auch: Sh' Da-kai ) Der bedeutenste Feldheerr der Taiping, wurde von Hong zum Yiwang (Flankenkönig)ernannt.
Besiegte mehrmals die Hunan-Armee des Zeng Guofan.
Taiping-Anführer aus Grundbesitzerkreisen, riß nach Ermordung von Wei Changhui (Wee Tschang-huee) die Regierung in Nanjing an sich, überwarf sich mit Hong Xiuquan, verließ Nanjing mit den Hauptkräften der Taipingarmee in Richtung Südwesten, wurde 1863 beim Versuch, den Dadu-Fluss zu überqueren in Sichuan geschlagen, gefangen und hingerichtet.
Lin A-fu Marschal der Aufständischen im Taiping-Krieg. Soll für die Lieferung von Kanonen mit 3.000 Mann zum Katholizismus übergetreten sein.
Liang Afang Konvertit der Guangzhou-Mission, stellte ein kleines Buch mit Bibel-Zitaten zusammen. Daraus entwickelte Hong Xiuquan seine Vision von 1837.
Li Je-u
und
Tsen A-lin
Beide Anführer sollen gegen Lieferung von Gewehren durch christliche Missionare für die Aufständischen eine Art christlichen Glauben proklamiert haben.
Xiao Zhaogui Taiping-Anhänger, zeigte sich als Sprachrohr von Jesus.
Zeng Guofan (1811 - 1872) (auch: Zeng Guo-fan; Tseng Kuo-fan)Großgrundbesitzer, hoher Würdenträger, Anführer einer Anti-Taiping-Truppe: der Hunan-Armee (Xiang - Armee), konnte mit ihr den Widerstand der Taiping brechen, richtet bei der Einnahme von Nanjing ein Blutbad an. Er ließ alle aufgefundenen Dokumente der Taiping vernichten. Führte nach dem Krieg als Vertreter der lokalen Militärmacht die Innen- und Außenpolitik der chinesischen Regierung.
Lin Tsê-hsü

(auch:
Lin Zexu)

(1785 - 1850) Chinesischer Würdenträger, Sonderbeauftragter zur Verhinderung der Opiumeinfuhr, fiel 1842 in Ungnade.
Lin Tsê-hsü erwarb sich als Verwaltungsbeamter bei Deichbauprojekten große Anerkennung, war auch tätig im Finanzwesen, leitete als Generalgouverneur der Provinzen Hunan und Hubei eine Antirauschgiftaktion und bekämpfte kompromißlos den Opiumhandel. Die moderne Geschichtsschreibung betrachtet ihn merkwürdigerweise häufig als Anlaßgeber für den Opium-Krieg, in den Großbritannien angeblich hineingezogen wurde, hatte er doch im Juni 1839 an die 20.000 beschlagnahmte Opium-Kisten verbrennen lassen. In der angelsächsischen Geschichtsschreibung erscheint für Opium-Krieg oft der Begriff Anglo-Chinese War.
In der Provinz Gansu steht ein Denkmal für Lin Zexu.

Theodore Hamberg (1819-1854) Zeitgenosse des Aufstandes, protestantischer schwedischer Missionar in Hongkong, hielt enge Verbindung zu Hong Rengan.
Schuf ein Wörterbuch der chinesischen Hacka-Sprache.
Deutsche Biographie Ledderhose, Karl Friedrich, "Hamberg, Theodor" in: Allgemeine Deutsche Biographie 10 (1879), S. 468-470 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/gnd138832072.html#adbcontent
Er hatte nach den Angaben eines bekehrten Verwandten des Insurgentenkaisers Fung Mittheilungen über diesen Führer im Missionsmagazin, 1854, S. 146, und 1861, S. 283, gemacht.
Augustus Frederick Lindley Zeitgenosse des Aufstandes. Oberst der Taiping, 1860-1863 nahm an der Rebellion selbst teil und befehligte eine Flotte der Flussschiffe der Taiping. ⇒ Lindley schrieb eine Geschichte der Taiping 1866. (?)
Issachar J. Roberts (1802-1871) Missionar aus den USA, unterrichtete Hong einige Monate in Christlicher Lehre
Gutzlaff [Karl Friedrich August Gützlaff (1803-1851)] Missionar aus Deutschland, übersetzte die Bibel ins Chinesische.
Dolmetscher für das Handelshaus Jardine-Matheson (das Opium nach China brachte) und 1835 für die Britische Ostindien-Kompanie. Trat 1834 in britische Dienste, wurde Chinesischer Sekretär beim Britischen Gouverneur in Hongkong. Dolmetscher bei den Vertragsverhandlungen des I. Opiumkrieges (1840-42) auf britischer Seite.
Li Zicheng (1606-1644) Bauernanführer, der sog. ⇒ Bauernkaiser, schloß sich 1627 aufständischen Bauern an und kämpfte gegen die Mandschu, die in China die Macht übernahmen.
Chang Lo-hsing (auch: Zhang Lexing + Dsang Luo-ssing + Chang Luo-hsing)
Nijan Rebellion 1853-1868 Nian Rebellion, Nian also spelled (Wade-Giles romanization) Nien, (c. 1853–68), major revolt in the eastern and central Chinese provinces of Shandong, Henan, Jiangsu, and Anhui; it occurred when the Qing dynasty was preoccupied with the great Taiping Rebellion (1850–64) in southern and central China. ⇒ Zhang Luoxing (Chang Lo-hsing) became leader of the Nian.
Frederick Townsend Ward (1831-1862) Amerikaner, stellte zur Unterdrückung der Taiping ein Regiment der ausländischen Gewehre auf.
Ward eng
Chen Yucheng (1837-1862) Nach den September-Ereignissen Kommandeur der Taiping-Armee. 1862 gefangen und getötet.
Chen Yucheng
Li Xiucheng Nach den September-Ereignissen Kommandeur der Taiping-Armee.
Li Xiucheng
Charles George Gordon Anführer der Ever Victorious Armee gegen die Taiping. Wurde später bei der Niederschlagung der Mahdirebellion 1881-1899 im Sudan (Afrika) von den Rebellen getötet.
Tschüen Fu

Die Tatsache, das die korrupte kaiserliche Regierung nicht einmal in der Lage war, ihre eigenen Polizisten zu schützen, geht aus einem Dokument aus dem Opiumkrieg hervor. Darin berichtet der achtunddreißigjährige Polizeihauptmann Tschüen Fu der Prefektur Ding-Hai über die Verteidigung seiner Stadt: "Die ausländischen Piraten haben mehrere Salven aus ihren Kanonen abgefeuert. ... Die Zuteilung für die Verteidigung der Städte genügt nicht, so daß die Garnisionen offensichtlich zu schwach sind, um dem Feind standhalten zu können. Ich erhoffe sehnlichst die Entsendung größerer Entlastungseinheiten. ... Wie ich soeben erfahren habe, sind die Piraten bereits in der Präfekturhauptstadt eingedrungen ... Das Volk zittert vor Angst. Es ist ein Jammer, Augenzeuge dieses Elends zu sein. ... Die Chancen zu überleben sind gering."
Der Polizeihauptmann fiel im Kampf, seine beiden Vorgesetzten begingen Selbstmord, so heißt es in weiteren Dokumenten. (6)





Anmerkungen und Notizen für weitere Recherchen
gelbe Turbane Großer Bauernaufstand um 184-192 u.Z. der Sekte des großen Friedens. Vermutlich wollten die Taiping sich dieser Tradition historisch anschließen? Darüber ist wenig bekannt? nach ihrer Niederlage wurde die Kultur der Taiping vollständig vernichtet. Siehe auch
Bauernkriege in Asien
Prinzessin Taiping Tochter des Wu Zetian, kämpfte um 710...712 u.Z. um die Macht am Kaiserhof, mußte nach ihrer Niederlage in ein Kloster flüchten und beging Selbstmord. Vermutlich wurden alle ihre Söhne getötet, ihr Vermögen eingezogen. Monique Nagel-Angermann, Das alte China, Stuttgart 2007 S. 68-69
Ritenstreit Das Verbot des Ahnenkults und der chinesischen Riten durch Papst Klemens XI. 1704 ausgesprochen, wurde erst 1939 durch Pius XII. aufgehoben. Die freie katholische Enzyklopedie Kathpedia
Friedensvertrag vom 29. August 1842 In einer zeitgenössischen chinesischen Grafik wird der britische Angriff auf die Stadt gezeigt. Die Kanonen der Schiffe schießen in die fliehende Bevölkerung hinein. Siehe Quellen: Bild zum Friedensvertrag 1842
gebundene Füße

(auch: Lotosfüße,
Lilienfüße)

Verstümmelungen nach Traditionen aus dem 10. oder 11. Jahrhundert an den Füßen junger Mädchen aus Verheiratungsabsichten. Sie fanden dauerhafte Verbreitung während der Song-Zeit. Wie jede traditionsbezogene Verstümmelung an Kindern zeigt sich auch hier das drastische Erzwingen eines Unterordnungsprinzips, unabhängig davon, ob es medizinisch oder kulturell begründet wurde. In diesem speziellen Fall ging es um die absolute Unterordnung der Frauen, anerzogen an Mädchen im Alter von fünf bis sechs Jahren. Unter unsäglichen Schmerzen wurden die Töchter von ihren Eltern gezwungen, auf mit Binden zusammengepreßten Füßen zu laufen. Zu einem bestimmten Zeitpunkt wurden die Zehen absichtlich gebrochen. Man denke an die Tortur des Tragens zu kleiner Schuhe, um sich wage Vorstellungen darüber machen zu können.
Die Taiping, deren Mehrheit von Bauern gestellt wurde, und die als Arbeitende auf den Feldern gesunde Füße von Natur her benötigten, lehnten diese inhumane Tradition selbstbewußt ab. Das Füßebinden wurde bei Strafandrohung verboten. Erst über hundert Jahre später nach den Taiping-Aufständen konnte sich das Verbot des Verstümmelns der Füße durchsetzen. ⇒ Lotusfuß in Wikipedia

Opium und Heroin Erzeugnis des Schlafmohnanbaus, enthält Morphin, Ausgangsstoff für Heroin, das ab 1898 als Hustensaft in Europa verkauft werden durfte. Heroin fällt in der Bundesrepublik Deutschland erst ab 1971 unter das Betäubungsmittelgesetz. Opium und seine Abkömmlinge fallen in der SBZ (Anordnung der SMA Nr. 213 v. 15.9.1947) und DDR bereits ab 1947 unter besonderes Gesetz für den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Verbot).
Zitat: "...seit der Westen ... in Afghanistan ist,...ist Afghanistan mit mehr als neunzig Prozent der größte Opium- und Heroinproduzent der Welt geworden." Das massenhaft gepflanzte Opium "kommt den Warlords zugute, Mitgliedern der jetzigen Regierung... Die Bauern können mit Getreide kein Geld mehr verdienen...Die Hilfsorganisationen schaffen so viele Nahrungsmittel rein, daß die Bauern ihr Getreide gar nicht mehr zu einem vernünftigen Preis verkaufen können. ... Die Briten sind ... mit der Bekämpfung des Opiumhandels beauftragt." PNN 7.Juli 2012 S. 33 / Hrg. Irene Uhlmann, Dr. Irene Klemm, Dr. Günther Liebig, Schlag nach Gesundheit, Leipzig 1955 S. 628 / Peter Scholl-Latour, Die Welt aus den Fugen, Berlin 2012 S.159-160





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