I. → Textvorlage ♦ II. → Lebensdaten Müntzers und Gaismaiers ♦ III. → Zeitgenossen ♦ IV. → Quellen und Literatur
Thomas Müntzer | Michael Gaismayer |
F. Engels: "Münzer selbst scheint die weite Kluft zwischen seinen Theorien und der unmittelbar vorliegenden Wirklichkeit gefühlt zu haben..." (6 S.402) | F. Engels: "Geismaier, das einzige bedeutende militärische Talent unter sämtlichen Bauernchefs... ein Münzerscher..." (6 S.407) |
Zwei Helden und ein schwerer Kriminalfall Fußnoten
(1) Karl Kautsky in seiner Einleitung zur Schrift "Thomas More und seine Utopie".
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Lebensdaten Thomas Müntzers | Jahr | Lebensdaten Michael Gaismairs | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Thomas Müntzer (auch Muenzer) in Stollberg / Harz geboren. Über seine soziale Herkunft ist nichts Sicheres bekannt. Sein Vater war vermutlich ein begüterter Bürger in Stolberg (Harz), wahrscheinlich Matthias der ⇒ Münzmeister. (evtl. auch: Handwerker?, Seilermeister?) |
1489 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
1490 | Michael Gaismair (auch Gaismayr, Geißmayer) als Sohn es Bergbauunternehmers und Landwirts Jacob Gaismaier in Tschöfs bei Sterzig geboren. Im Bergbau u. in der Landwirtschaft nutzten die Gaismaiers die Vorteile enger Zusammenarbeit in der Familie. Sie bewirtschafteten ihre Güter gemeinschaftlich. Die geschäftstüchtigen Gaismaiers betrieben Ackerbau u. Viehzucht (Anbau von Roggen, Gerste, Weizen, Obst), Zucht von Rindern, Haltung von Ziegen u. Hühnern. Eigener Verkauf auf Märkten des Montanbereiches zur Versorgung der Bergleute. Betrieben auch Handel mit Materialien für Hütten- u. Gruben. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
1501 | Viele Bergbauarbeiter stammten aus bäuerlichen Familien, die nach 1500 dem Bergbau zugeströmt waren.
Neue Erzfunde erhöhten plötzlich und zeitweilig stark den Arbeitskräftebedarf. Die neu aus den Dörfern
kommenden Arbeitskräfte stellten kaum Forderungen und damit eine Konkurrenz für die
angestammten Lohnarbeiter dar. 1501 streikten die Bergleute in Schwaz wegen zu harter Arbeitsbedingungen. |
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16.10.1506 Studienbeginn in Leipzig. Immatrikulation als Thomas Munczer de Quedilburck an der Artistenfakultät der Universität Leipzig. | 1506 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Immatrikulation als Thomas Müntczer Stolbergensis an der Universität Frankfurt/Oder. | 1512 | Erwerb eines kleinen Grundstücks in Schwaz, |
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Kollaborator (geistlicher Hilfslehrer) in Aschersleben und Halle. | 1513 | Hans Gaismaier klagt Schulden der Adligen von Trautmannsdorf ein. Im Persener Bergbau erschwert der hohe Anteil von adligen Grundherren die strikte Anwendung der Berggesetze oder die Einführung von Bergordnungen. Adlige sind mit an Bergbau- u. Schmelzhütten beteiligt. Die Gaismaiers klagen auch im Interesse der Bergknappen. Die von Trautmanns könnten jene gewesen sein, die die Gaismaiers in den Bankrott hinein rissen. Michael Gaismaier dürfte die Schwierigkeiten im Umgang mit dem Recht frühzeitig kennen gelernt haben. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Priester des Bistums Halberstadt, zeitweise in Braunschweig (St. Michaelskirche). | 1513 1514 |
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Propst im Kanonissenstift im Kloster Frose bei Aschersleben bis 1517. | 1516 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Aufenthalt in Wittenberg. Lehrer an der Martinsschule zu Braunschweig? | 1517 1518 |
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Jüterbog | 1518 | Gaismair arbeitete zunächst als Schreiber im Bergbau und spätestens seit 1518 bei der Landesverwaltung
in den Diensten des Leonhard von Völs, der als ranghöchster Beamter Tirols fungierte - der war von Kaiser
Maximilian zum Landeshauptmann an der Etsch und zum Burggrafen von Tirol ernannt worden. Leonhard scheint Gaismair protegiert zu haben, er ernannte ihn 1518 zum Unterhauptmann. |
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Jüterboger Kanzelkrieg: Müntzer wird dem Lutherkreis in Wittenberg zugerechnet, begiebt sich im Auftrag Luthers nach
⇒ Jüterbog, um
den Prediger
⇒ Franz Günther
zu unterstützen. Müntzer predigt in der St. Marien und in der Nikollaikirche in Jüterbog. 24. April: Müntzers erste Predigt in der Marienkirche 26. April: Müntzer stellt die Forderung nach einem alle fünf Jahre abzuhaltenden Konzil der Kirche auf, in vierhundert Jahren hätte es nur drei gegeben. Ein Konzil könne auch gegen den Willen des Papstes einberufen werden. Müntzer polemisiert gegen die mittelalterlichen Theologen Petrus Lombardus, Thomas von Aquino und Bonaventura. Im Mai weilte Müntzer im Auftrag des Andreas Karlstadt in Orlamünde. Im Juni nahm Müntzer an der Leipziger Disputation zwischen Karlstadt + Luther gegen Eck in der Pleißenburg teil. Leipzig und Zisterzienserinnenkloster Beuditz bei Weißenfels. Erste Bekanntschaft mit Felicitas von Selmenitz. |
1519 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Predigt an der Marienkirche zu Zwickau. Beschwerde des Naumburg-Zeitzer geistlichen Gerichts über Müntzers Predigten. Prediger in Zwickau an St. Katharinen-Kirche (bis April 1521). Bekanntschaft mit der Sekte um Storch. | 1520 | 1520 nahm die Unzufriedenheit unter den Bergarbeitern solche Formen an, dass die Regierung Kommissare nach Schwaz
entsenden musste. Die Arbeiter führen geheime Versammlungen durch. Unter den Bergknappen gab es vermehrt Anhänger
der Reformation, welche aufgrund der zunehmenden Repressalien durch Erzherzog Ferdinand in massenhaft Tirol verließen. Die Gründe dafür waren höhere Schichtdauer bei geringeren Löhnen, Aufstockung des Arbeitstages von 8 auf bis zu 12 Stunden, die Abschaffung etlicher Feiertage. Ab 1520 kommt es in einigen Tiroler Gebieten zu lokalen Aufständen der Bauern. In vielen Tälern, auch Welschtirols, gingen Amtsstuben, Kloster und Widumsgebäude in Flammen auf. Viele Bauern suchten wieder das alte Recht der Allmende zu verwirklichen, indem sie landesfürstliches Wild wilderten, Zäune einrissen und Wälder nach Bedarf holzten. Diese Gruppen versuchten oft auch den "legalen" Weg und reichten Beschwerden bei der Regierung in Innsbruck ein. Sie strengten Gerichtsprozesse gegen Übergriffe der Grundherren oder ihrer Beamter an. Die Aufständischen wollen einen eigenen Bauernlandtag. |
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Tumulte in Zwickau. (Aufstand der Tuchknappen unter Hans von der Freystadt). Fünfundfünfzig Christen werden verhaftet.
Müntzer wird verhaftet,
flieht nach Böhmen unter die Hussiten,
zuerst in Saaz [Zatec - Zentrum taboritischer Traditionen], später Joachimstal [Jáchymov].
In der wichtigen Bergbaustadt mit großen Silbervorkommen und Münzprägungsstätten Joachimstal setzt sich Müntzer mit Egranus auseinander. Aufenthalt in Prag (Juni-November), feierlich empfangen als Thomas Lutheranus. Predigt in Prag in der Kapelle Corporis Christi (in Deutsch), in der Bethlehemskapelle (in Latein) und auf der Straße vor dem Volk. Müntzer verfaßt sein erstes theologisches Zeugnis mit dem Prager Manifest über die lutherische Umgestaltung der Kirche. (Fassungen: 1.Nov. u. 25.Nov.) Verhaftung und Ausweisung nach Deutschland. |
1521 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Kaplan in St. Georg (?), Predigertätigkeit in Nordhausen. Auseinandersetzung mit evang. Pfarrer Lorenz Süße.
Predigten in Stollberg? Teilnahme am Kolloquium mit Melanchtthon und Bugenhagen in Wittenberg (April). Treffen mit Urbanus Rhegius (in Augsburg ? in Tirol?). Oktober: Vertreibung aus Nordhausen. Müntzer bezeichnet sich wegen ständiger (auch erzwungener) Wanderschaft als Williger Botenläufer Gottes. |
1522 | Die Schuldenlast der Landesherrschaft Tirol überschreitet 1 Mill. Gulden. (1 S.153) ⇒ Wiener Neustädter Blutgericht Im August wurden Hans von Puchheim, Michael Eitzing, Dr. Martin Siebenbürger, Friedrich Piesch, Hans Rinner, Stefan Schlagindweit, Hans Schwarz und Martin Flaschner (Wiener Bürger, die dem dem revolutionären Bürgerausschuss von 1519 oder dem ständigen Ausschuss angehört hatten) enthauptet. Es ist nicht bewiesen, dass Salamanca auf das Wiener Neustädter Blutgericht hingearbeitet habe, er erhielt jedoch danach wichtige Funktionen. |
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Pfarrstelle in Allstedt (März) "Deutsches Kirchenamt" und "Deutsche Evangelische Messe", "Ordnung und Rechenschaft des Deutschen Amtes zu Allstedt" Müntzers Liturgie erreicht bis zu 2000 Besucher. Müntzers Adventslied: Gott, heilger Schöpfer aller Stern umfangreiches literarisches Schaffen, Übersetzung der Psalmem für das Stundengebet, Anleitungen für die Messe, sogar ein eigenes Missale, die deutsch-evangelische Messe als Singmesse mit Noten für den Gesang (Missa Cantata) Thomas Müntzer heiratet Ottilia von Gersen. Ihre Eheschließung erfolgte kurz nach Ostern 1523. Die Trauung nahm vermutlich der befreundete Amtskollege von der Wigberti-Kirche in Allstedt Simon von Haferitz vor. Ein Jahr später gebar Otilie Müntzer einen Sohn. Sendbrief an die Bürger zu Stolberg (18.7.) in dem er vor "unbefugtem Aufruhr" warnt |
1523 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
24. März: Mallerbacher Kapellensturm "Fürstenpredigt" zu Allstedt (13.7.) "An die verfolgten Anhänger in Sangerhausen" (15....22.Juli) "Ausgedrückte Entblößung des falschen Glaubens" (Juli/August) Müntzer verläßt Allstedt und geht nach Mühlhausen (7./8. August Antwort auf Luthers Sendbrief mit der "Hochverursachten Schutzrede und Antwort wider das geistlose, sanftlebende Fleisch zu Wittenberg" (August/September) Reise durch die Aufstandsgebiete im Süden des Reiches: Basel, Klettgau, Hegau und Nürnberg (Ende 1524) |
1524 | 1524 steigt Gaismair in den Rang eines Hauptmanns auf, ein Amt, das im 16. Jahrhundert zu dem Führungschargen
in der Militärhierarchie zählt und mit einem beträchtlichen monatlichen Einkommen verbunden war. Gaismairs Stellung
innerhalb der mittleren Beamtenschaft Tirols festigte sich. Der Gewerkensohn lebt unter Angehörigen so
einflussreicher und vermögender Adelshäuser wie Spaur, Thun und Frundsberg. Mit der Rangerhöhung war für
Gaismair gleichzeitig der Adelsbrief in greifbare Nähe gerückt. |
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Notizen zur Theologie des Thomas Müntzer
Allgemeines christliches Verbündnis wider die Fürsten und Herren lautete das
taktische Ziel des Rebellen Thomas Müntzer. Seine Bestrebungen erreichten nicht nur
die Bauern, sie gingen weit in das Mansfelder Bergbaurevier, über Nordhausen und Halle und
begeisterten Bergknappen und die Armen der Städte Thüringens.
Notizen zum Inhalt der Fürstenpredigt Notizen zu Hochverursachte Schutzrede (noch in Bearbeitung!) |
1525 |
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1526 |
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1527 | Im Exil führt Gaismaier den Adelstitel cavaliere degli Strozzi und trägt damit den Namen einer der im
Anti-Medici-Komplott mächtigsten Familien.
Gaismair versucht in den nächsten Jahren noch mehrmals vergeblich von Graubünden, der Toskana und Venedig aus neue Aufstände zu organisieren. Von Ferdinand gekaufte Spione und Mörder jagen nach Gaismair für eine Kopfprämie von 1000 Gulden. Sie sollen den Anarchisten, Protestanten und Vaterlandsverräter ausfindig machen und töten. Ein habsburgischer Steckbrief beschreibt Gaismair so: "Ein langer, aufgeschossener, hagerer, dünner Mann, im Alter ungefähr 34 oder 35 Jahre, hat einen schwarzbraunfarbenen dünnen Bart, ein schönes, kleines Gesicht, kurze Haare, geht mit geneigtem Kopf oder etwas bucklig und ist sehr beredt." |
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1528 | Gaismaier kauft sich mit geringer Anzahlung ein Gut auf den euganäischen Hügeln, 15 km von Padua entfernt. (Es soll sich um ein großes Gut gehandelt haben, er hielt erfolgreich über 50 Milchkühe, 300 Schafe und 15 Pferde. Feldwirtschaft mit über 80 Feldern) (7 S.144 Anm. 436) | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
1529 | Als Venedig 1529 Frieden mit den Habsburgern schloss, zog sich Gaismair endgültig auf ein Landgut in der Nähe von Padua zurück. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
1532 | Am 15.April wird Gaismaier nach mehreren mißlungenen Attentatsversuchen auf ihn
in Padua (auf den Stufen der Freitreppe seines Anwesens) von bezahlten Mördern (ehemalige Freunde? oder Vasallen des Spaniers Salamanca?)
überfallen und erstochen. Die Mörder Gaismairs wurden um ihren Lohn geprellt. Trotz fürstlicher Bitte einer Auszahlung wollte die Landesregierung mit dem Sparen beginnen, das Mordkommando habe ohnehin nur aus Geldgier gehandelt. Die Geistlichkeit Paduas verweigerte dem Ketzer Gaismair ein Begräbnis. Erst ein Protest vom Hof des Dogen bewirkte ein würdiges Begräbnis. |
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Name | für weitere Recherchen: Zeitgenossen / dazu Quellen u. Links |
Georg Agricola | (1494-1555) gilt als Vater der Mineralogie, schrieb 1530 Bermannus, sive de re metallica
über Erzsuche und Metallgewinnung und 1533 De Mensuris et ponderibus über griechischen und römischen Maße und Gewichte.
Eine der wichtigsten Vorraussetzungen für die wirtschaftliche Entwicklung waren einheitliche Maße u. Gewichte.
(Diese forderte z.B. auch Michael Gaismaier.) Agricola soll zusammen mit Bürgermeister Erasmus Stuler 1520 Müntzer mit zu einer Pfarrstelle in Zwickau verholfen haben. [4 S.56] |
Siegmund Graf von Dietrichstein | (1484 - 1540) Begründer der Hollenburgischen Linie der Dietrichstein. Gegen die Aufständischen (Steiermark u. Kärnten) versuchte er es mit der Taktik scheinbaren Waffenstillstands, wurde beim Sieg von Schladming durch die Rebellen überwältigt. (1 S. 154, 409)(2 S.182) |
Johannes Sylvius Egranus | Unversöhnlicher theolog. Gegener von Thomas Müntzer (im Zusammenhang mit dem Annenkult).
Müntzer hielt sich (Frühjahr 1521) vor seiner Ankunft in Prag in Joachimstal (Jáchymov) auf. Dort kam es
zur Auseinandersetzung mit Egranus.
deutsche Biografie: Egranus ging 1500 die Universität Leipzig, 1507 Magister und danach Dozent. Später in Süddeutschland, vermutlich auch Verbindung mit Erasmus von Rotterdam. 1517 Prediger an der Marienkirche Zwickau, wo er wegen des Annenkultes in heftige Auseinandersetzungen (1520) mit Thomas Müntzer in persönliche Streitigkeiten geriet. 1521 ging er als erster evangelischer Prediger nach Joachimsthal und blieb dort wahrscheinlich bis 1523. Anschließend Besuche bei Erasmus in Basel u. bei Pirckheimer in Nürnberg. 1524 als Pfarrverweser in Kulmbach, 1526 in Sagan und 1530 in Chemnitz. 1533/34 Rückkehr nach Joachimsthal. Stand anfangs Luther nahe, mit dem zusammen ihn 1520 die päpstliche Bannandrohung traf. Da Egranus entgegen Luther caritas (uneigennütziges Wohlwollen) stärker als fides (Glaube) bewertete und mehr zu Erasmus tendierte, entfernte er sich vom Luthertum. Er trat vermutlich für eine Reformation innerhalb der Kirche ein, ihre Einheit sollte nicht zerstört werden. Egranus stand schließlich als ein mit Papsttum und Luthertum Zerfallener zwischen den Fronten. Notiz zur Differenz zwischen Egranus und Müntzer: Wenn sich Müntzer mit Egranus über den Annenkult zerstritten, kann man davon ausgehen, das beide die Nöte der Bergleute gekannt haben mußten, auch die Gefährlichkeit deren Arbeit im Schacht - zumindest aus den Erzählungen der Menschen. Egranus lehnte den Annenkult als Kult ab. (Und Müntzer?- Frage noch offen.) Aber Müntzer mußte den Ton beispielsweise in Joachimstal für die Bergleute besser getroffen haben, denn Egranus verließ nach heftigen Disputen die Stadt. Nach dem Mallerbacher Kapellensturm (24.3.1524)schrieben sich sogar hunderte Bergknappen in die Bundesliste des Allstedter Bundes ein. Es ist also wahrscheinlich, das Müntzer einiges über Münzmanipulationen und Geldverschlechterungen der Fürsten wußte. Schließlich predigte er gegen den (auf Münzzahlungen basierenden!) Ablaßhandel. |
Hans Gaismaier | Bruder des Michael Gaismaier.
Trug bei seiner Gefangennahme ein handschriftliches Exemplar der von Michael entworfenen Tiroler Landesordnung bei sich,
das erwähnte Kanzler Leonhard Eck am 26. April 1526 in einem Brief nach München.
Q: (Q1) Hrg. F. Dörrer, Die Bauernkriege und Michael Gaismair, Insbruck 1982, Protokoll des internationalen Symposions 15.-19. November 1976 in Innsbruck-Vill Veröffentlichungen des Tiroler Landesarchivs, Band 2 Insbruck 1982 S.67 (Q2)=(7 S.48,..) |
Konrad Grebel | (1498-1526) Mitbegründer der Täuferbewegung, Müntzer soll Verbindung (?) zu dem Züricher Wiedertäufer geknüpft haben.(4 S.125) |
Michael Gruber | (um 1526 ?) Bergmann, oberster Feldhauptmann der Salzburger Bauern, Sieger von Schladming (1 S. 155, 411) |
Ulrich Hugwald | genannt: Mutius, (1496-1571), diskutierte in Basel mit Müntzer über die Glaubenstaufe, schloß sich zeitweise der Täuferbewegung an. (4 S.124) |
Heinrich von Knörringen | (auch Hainrich von Kneringen)(....-1534) Komtur des Deutschen Ordens in Sterzing, übte das Amt als Landkomtur als
Nachfolger des Wolfgang von Neuhaus von 1504 bis zu seinem Tod 1534 aus, sein Nachfolger wiederum
wurde Bartholomäus von Knöringen. Die Gaismaiers pachteten von der Kongregation des Deutschen Ordens städtische und ländliche Güter. Der Orden gewährte Erhard Gaismaier Kredite für den Bergbau. Heinrich von Knörringen, förderte als patriachalischer Freund der Familie Gaismaier das berufliche Fortkommen des Hans Gaismaier, unterstützte 1524 dessen Bewerbung als Bergrichter. Der Sterzinger Bergbau war gezwungen, seine Erze zu ungünstigen Konditionen an die Schwazer Schmelzhütten zu verkaufen, auch die Gaismaier bemühten sich um Sterzinger Schmelzerlaubnisse. Knörringens Plan, Urproduktion und Weiterverarbeitung auch in Sterzing zusammen zu bringen, stand im Gegensatz zu den finaziellen und wirtschaftlichen Plänen Kaiser Maximilians! Konflikstoff zusätzlich bot die Polarität zwischen Lohnarbeitern, Lehenhäuer und Kleingewerken einerseits und den Mittel- und Großgewerken andererseits. Den Gaismaiers, als aufstrebende Mittelgewerke ging es vorrangig um die Wahrung der Bergbaufreiheit. Heinrich gehörte zu den kaiserlichen Diplomaten, die am 6.6.1508 einen Waffenstillstand mit Venedig schlossen. Auf dem Sitz des Landkomturs, Weggenstein, ist ein auf 1508 datierter Wappenstein von ihm. Ab 1515 taucht Heinrich von Knöringen als kaiserlicher Rat und Statthalter zu Innsbruck in vielen Urkunden auf. Der Landkomtur Heinrich von Knöringen kaufte das Deutschordenshaus im Jahre 1522 von der Familie Fuchs von Fuchsberg. (Q1: Angelika Bischoff-Urak, Michael Gaismaier - Ein Beitrag zur Sozialgeschichte des Bauernkrieges, Innsbruck 1983, S. 55, 71)(Q2: ⇒ Das Deutschordenshaus) in der Innsbrucker Altstadt.) |
Hans Mank | Züricher Wiedertäufer, Müntzer soll Verbindung (?) zu ihm aufgenommen haben.(4 S.125) |
Johannes Oecolampad | (1482-1531) Reformator, Thomas Müntzer traf diesen Reformator vermutlich in Basel. (4 S.124) |
Peter Paßler | (auch: Peter Päßler, Pässler)( um 1525 ?), Teilnehmer am Tiroler Bauernkrieg, aus Ausholz (Tirol), seine Verurteilung lieferte den Anlaß zum Aufstand. (1 S.153, 417)(2 S.180, 184), ⇒ Peter Pässler in Salzburgwiki |
Kaspar Praßler | (1525) Anführer der aufständischen Bauern und Bergleute im Bistum Salzburg. (MEW 7/406,672) |
Urbanus Rhegius | (1489 - 1541) protestantischer Prediger, ein vermutliches Zusammentreffen mit Müntzer 1522 (?) in Augsburg (?) ist nicht erwiesen. (1 S. 119, 418) |
Felicitas von Selmenitz | Q: Felicitas von Selmenitz |
Jacob Strauß | (1480/85 - 1533) ev. Prediger, lehnte Gewaltanwendung ab, predigte gegen Zins und Wucher (1 S. 123, 153, 420) |
Leonhard von Völs | Tiroler Landeshauptmann, Gaismair war mehrere Jahre sein Sekretär und erwarb militärische Kenntnisse, während dessen Feldzüge. (2 S.181) |
Erasmus Weitmoser | (1525) Handwerker, Anführer der Salzburger Bergleute und Bauern im Bauernkrieg. (MEW 7/406,679) |
Huldrych Zwingli | (1484 - 1531), radikaler bürgerlicher Reformator in Zürich. Gaismair ging (Oktober) 1525 nach Zürich und wurde dort ein enger Vertrauter Zwinglis. Von Zwingli erhielt Gaismair entscheidende Anregungen zur Tiroler Landesordnung. (1 S.155, 422) |
Begriffe / Orte / Erläuterungen | |
Jáchymov | 1516 wurden in Conradsgrün große Silbervorkommen entdeckt, 1517 in Joachimstal umbenannt.
1518 (!) erschien in Leipzig die erste eigene Bergordnung für Sankt Joachimsthal. 1520 erhielten die Grafen Schlick
das Münzprivileg und Joachimsthal wurde vom böhmischen König Ludwig II. zur freien Bergstadt erhoben.
Die vermutlich erstmals 1519 geschlagenen Joachimstaler gaben später dem Taler ihren Namen. 1528 bewirkte der habsburgische neue böhmische König ⇒ Ferdinand (späterer Kaiser) die Rücknahme Münzprivilegs, der Joachimstaler wurde nach 1528 nicht mehr geprägt.(Münzveränderungen weiter untersuchen!) 1533 erreichte der Silberbergbau mit 241.875 Talern seine größte Ausbeute, in dem 9200 Bergleute arbeiteten. Im Zuge dieses schnellen Wachstums war es wiederholt zu Aufständen der Bergleute gekommen, so bereits - mit friedlichem Ausgang - 1517. Ein weiterer folgte 1523. 1525 kam es zu schweren Plünderungen, die mit 2500 Bewaffnete beendet wurden. Es muß harte Auseinandersetzungen innerhalb der Oberklasse um die Silbervorkommen gegeben haben, denn im Jahr 1545 ließ Ferdinand I. führende Vertreter der Grafen Schlick unter einem Vorwand auf der Prager Burg festsetzen. Die Gefangenen mußten zu Gunsten des Königs auf sämtliche Rechte in den Joachimsthaler Gütern, auf Burg Freudenstein und Stadt Sankt Joachimsthal verzichten. An den Erträgen des Silberbergbaus wurde ihnen lediglich ein Bergzehnt gewährt. Burg Freudenstein war fortan Sitz des königlichen Berghauptmannes. Nach dem gescheiterten Ständeaufstand gegen die Habsburger von 1547, an dem sich sowohl die Schlick als auch der Rat der Stadt beteiligt hatten, wurden Stadt und Burg im März 1547 durch Truppen besetzt. Schlick wurde der Bergzehnt und sämtliche verbliebenen Joachimsthaler Privilegien entzogen, Sankt Joachimsthal unterstand einzig der Böhmischen Krone. Hinweis: Burg Freudenstein auch Schlickburg; tschechisch hrádek, Šlikuv hrádek Burg Freudenstein (Jáchymov) |
Annenkult | Der Annenkult ist in Annaberg mit dem Silberbergbau zu sehen, Anna ist die bevorzugte Patronin der Bergleute und
damit zugleich der Armen. Auch die Frauen (aus dem Volk!) riefen insbesondere in Nöten von Kindbett und Mutterschaft die
Mutter Marias an. Sie war lange Zeit die Lieblingsheilige Luthers. Einen Anstieg der Verehrung erfuhr die Heilige Anna seit dem 13. Jahrhundert und erreichte im 15. und 16. Jahrhundert einen historischen Höhepunkt. Dieser Zeitraum ist besonders interessant im Zusammenhang mit den sich verändernden sozialen Entwicklungen in Stadt und Land. Die Verschlechterung der Lebensbedingungen der "unteren" Volksschichten durch beginnende kapitalistische Verhältnisse, besonders in den Bergbaugebieten ließ natürlich diese (religiöse) Hilfsbedürftigkeit ansteigen. Das Christentum war im abendländischen Raum die einzige Religion, die eine soziale Komponente enthielt. So galten in den einzelnen Ortschaften des Bergbaus besonders hervorgehobene Schutzheilige: Nikolaus und die Heilige Anna in Annaberg, der heilige Joachim in Joachimsthal und in Kuttenberg (Kitna Hora) die Heilige Barbara. Neuere Anti-Thesen vermuten, das mit Hilfe z.B. des Annenkultes die Frauenunterdrückung installiert wurde. Sie ignorieren das hohe Schutzbedürfnis der Bergleute und deren Frauen durch die besondere Gefährlichkeit der Grubenarbeit. Selbst in der Antike gab es zuständige Götter für Bergleute, z.B. die Göttin Hathor im ägyptischen Türkisbergbau und als Beschützerin aller weiblichen Wesen. (5 S.136) Siehe auch das Motiv in der Kunst: Anna lehrt Maria das Lesen (Anna, Maria und ein Buch) ⇒ Glasmalerei: Anna lehrt Maria das Lesen zu sehen in Saint Andrew by the Wardrobe in London |
Literatur / Quellen / Links | |
(1) | Max Steinmetz, Deutschland 1476 - 1648, Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1965 |
(2) | Deutsche Geschichte in zwölf Bänden Band 3 Die Epoche des Übergangs vom Feudalismus zum
Kapitalismus von den siebziger Jahren des 15. Jahrhunderts bis 1789 VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1989 |
(3) | Adolf Waas, Der Bauernkrieg Die Bauern im Kampf um Gerechtigkeit 1300 bis 1525, Panorama Verlag Wiesbaden ISBN 3-926642-11-4 |
(K) | Karte nach der Vorlage eines Entwurfs von H. Dopsch und S. Haas-Ortner in: Die Bauernkriege und Michael Gaismair, Innsbruck 1982 |
(4) | Irmgard Ackermann, Thomas Müntzer - Stätten seines Lebens und Wirkens, Hrg. Institut für Denkmalpflege, Berlin 1989 |
(5) | Rainer Slotta, Einführung in die Industriearchäologie, Darmstadt 1982 |
(6) | Friedrich Engels, Der deutsche Bauernkrieg, Neue Rheinische Zeitung 1850 Heft 5/6 in MEW Bd.7 Berlin 1960 S.329 ff | (7) | Angelika Bischoff-Urak, Michael Gaismaier - Ein Beitrag zur Sozialgeschichte des Bauernkrieges, Innsbruck 1983 |
(-) | Manfred Bensing, Thomas Müntzer, VEB Bibliographisches Institut Leipzig 1983 |
(L) | Angelika Dörfler-Dierken, Die Verehrung der heiligen Anna in Spätmittelalter und früher Neuzeit, Göttingen 1992 ⇒ googlebook | (L) | Martin P. Schennach, Gesetz und Herrschaft: die Entstehung des Gesetzgebungsstaates am Beispiel Tirols, Köln,Weimar,Wien 2010, ⇒ googlebook 2 | (L) | Christoph Bartels,Markus A. Denze, Konjunkturen im europäischen Bergbau in vorindustrieller Zeit: Festschrift Stuttgart 2000 ⇒ googlebook 3 |
weitere Text- und PDF-Dateien | |
Großer Deutscher Bauernkrieg 1524 bis 1526 (einschließlich der Ereignisse in den fünf Jahrzehnten vor dem Großen Deutschen Bauernkrieg 1476 bis 1523) |
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Die Zwölf Artikel geschrieben und beschlossen Februar / März 1525 Darum erfindt sich mit der Geschrift, daß wir frei seien und wöllen sein. |
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Thomas Müntzers Predigt auf dem Schlachtfeld bei Frankenhausen am 15.Mai 1525: "Die Feldpredigt" "Es will Gott nicht, daß ihr Fried mit den gottlosen Fürsten machet!" PDF-Version v. 28.12.2006 |
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Michael Gaismmairs Tiroler Landesordnung - Februar/März 1526 ... man soll Auen und andere unfruchtbare Ort im Land fruchtbar machen ... |
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Notizen über Bauernkriege (Seite in Bearbeitung) ∗ Thomas Münzer und Michael Gaismair ∗ letzte Änderung 31. Oktober 2015 ∗ Hans Holger Lorenz ∗ WB-To