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Die Stedinger Bauernrepublik 1204 bis 1234
Freie Bauern verteidigen ihr Land - "universitas Stedingorum"
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Nur scheinbar haben die Jahrzehnte zuvor oder nach der Existenz der Bauernrepublik nichts
mit ihr selbst zu tun. Nur scheinbar sind auch die Geschehnisse in der weiten Entfernung
mit ihr nicht verbunden. Alles muß immer nur direkt und vor Ort gemessen werden - wenn, ja
wenn es um die Sache der kleinen Bauern geht! Da darf man auch nur kleinen Gesichtskreis zeigen.
Da ist man nicht naiv genug, den Anlaß für den
Bauernaufstand bei den Bauern selbst zu suchen - da steht schon geschriebenes Recht, obwohl die
Mehrheit der Bauern dieser Zeit gewiß nicht lesen und schreiben konnte!
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Nur wenn es um die Kirche geht, spielen Entfernungen und Jahrzehnte offenbar keine
Rolle mehr. Dann scheint der heilige Stuhl gleich an der Nordseeküste zu stehen und
die friesischen Bauern hatten schon immer den Zehnten nach Rom abzuliefern.
Die untere Tabelle macht deutlich, das das Aufbegehren der Bauern, trotz nur weniger
Überlieferungen, viel weiter räumlich und zeitlich verbreitet war und wahrscheinlich
aus den gleichen Ursachen heraus stattfand. Die Begehrlichkeiten der Herrschenden, die vielleicht
anfangs leichter zu ertragen waren, wurden schrittweise und partiell immer weiter getrieben,
immer größer wurde die Habgier, immer unrechtmäßiger ihre Durchsetzung. |
1. Ereignisse-Tabelle
Hinweis: ungeicherte Angaben sind mit (?) versehen.
Jahr |
Ereignisse in Friesland und im Dithmarschen an der Nordseeküste |
Ereignisse in anderer Gegend |
1124 |
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In Westfalen zerstören die Bauern die Burg des Grafen Arnsberg, die sie selbst hatten errichten müssen. |
1138 |
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Bauern brennen die Bernburg im Ost-Harz nieder.
Die Stimmung wurde in zeitgenössischer Dichtung so ausgedrückt:
"Dar umbe hat man bürge daz man die armen würge" |
1144 |
Rudolf von Stade wird von Dithmarschen Bauern erschlagen, weil sie
die "Bedrückungen" des Grafen nicht mehr ertragen konnten. |
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1204 |
Aufstand der Stedinger Bauern. Die Stedinger leisten dem Grafen Moritz und anderen Lehnherren Widerstand und
vertreiben die Junker aus dem Lande. |
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1207 |
Erster Überfall der Truppen des Bischofs von Bremen.
Ziel der Aktion: Erzwingung der Abgaben.
Die Bauern beginnen mit dem Bau eigener Verteidigungsanlagen. |
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1212 |
Die Stedinger zerstören zwei Adelsburgen.
Burgen waren zu dieser Zeit die bewaffnete und schwerste Bedrohung ihrer Umgebung. |
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1220 |
Ein zweiter (?) Angriff auf die Bauern scheitert.
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1226 |
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Im Jahre 1226 verteidigen die Bauern dreier Gemeinden in der Nähe von Trier ihre Waldnutzungsrechte erfolgreich gegen die
Ansprüche des Stifts St.Simeon und des Klosters Himmerode. Sie besetzten einen Gutshof und nahmen Kirchenmänner
als Geiseln.((5)S.248) |
1229 bis 1230 |
Ein erneuter Angriff des Bischofs scheitert. Hermann zur Lippe (?) wird getötet. |
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1231 |
Der Bischof erklärt auf einer Synode die Bauern zu Ketzern. |
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1232 |
Papst
Gregor IX.
ruft zum Kreuzzug gegen die Bauern auf. |
Kaiser Friedrich II. sanktionierte im deutschen Rechtsgebiet die Todesstrafe für Ketzer durch Verbrennen. Dazu
kamen die Beschlagnahme des Eigentums der Ketzer und die Enterbung der Söhne der Ketzer. |
1232 |
Die Bauern zerstören die Burg Schlutter, die auf Befehl des Bischofs angelegt werden mußte. |
Von 1231 bis 1233 werden auf Befehl des Konrad von Marburg im Rheinland, in Hessen und Thüringen, in Köln,Trier,
Straßburg, Goslar und Erfurt zahlreiche "Ketzer" verbrannt. |
1233 |
Erneuter Kreuzzugsaufruf.
Am 6.Juli wird ein erstes Kreuzfahrerheer bei Hemmelskamp von den Stedingern geschlagen. |
Grafen und Herzöge sammeln mit Versprechungen auf große Beute Ritter aus Flandern, Holland, Brabant, aus dem
Hennegau und Geldern, aus Ravensberg, Kleve, Jülich und Berg, aus Westfalen und aus der Bremer Umgebung |
1234 |
Am 27.Mai wurden die Bauern bei Altenesch vom Kreuzzugsheer geschlagen.
Mordend und plündernd ziehen danach die Haufen der Kreuzfahrer durch die Marsch. |
"...unde ward dat lant de Stedinge al verbrant unde gerovet.
Alsus namen de Stedinge eren ende, de grote gewalt unde unrecht hadden
gedan mer dan dre unde drittich jar ..."
((5)S.253)
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1250 |
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Östereichische Bauern zerstören die Burg Kierling bei Klosterneuburg. |
1261 |
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Straßburger Bürger verteidigen die städtische Verfügungsgewalt über die Allmende
(Wald, Wiesen, Weide, Weinbau und Jagd) gegen die Truppen des Bischofs Walther von Geroldseck und
schlagen dessen Truppen am 8.März 1262 bei Hausbergen. |
2. Personenregister
Boleke von Bardenfleth |
gewählter Anführer der Bauern in der Schlacht von Altenesch. |
Dietmar tom Diek |
gewählter Anführer der Bauern in der Schlacht von Altenesch. |
Gerhard II. |
Erzbischof von Bremen (1219-1258),
(Gerhard II. zur Lippe)
erst ehrgeiziger Probst zu Paderborn, dann 1219 Erzbischof von Bremen. Er betrieb kreuzzugsartig die
Unterwerfung der Stedinger Bauern und stützte sich auf Oldenburg.
Mit den Mitteln priesterlicher Gewalt und weltlicher Macht gelang es ihm, eine geschlossene Front des Adels
aufzubauen, die Stedinger von möglichen Bundesgenossen zu isolieren und das Bremer Bürgertum
durch Versprechungen auf Privilegien auf seine Seite zu ziehen.
Im Frühjahr 1234 unterwarf er Stedingen nach der Schlacht bei Altenesch
Dafür verzichtete er auf Hoheitsansprüche in Oldenburg.
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Gregor IX. |
Dieser Papst leitete 1231 die umfassensten Ketzerverfolgen ein. Im Jahr 1227 wurden erstmalig
Angehörige des Dominikanerordens in Glaubensfragen eingesetzt. Am 20.April 1233 erhielten
die Dominikaner vom Papst den Auftrag, die Häresien auszumerzen und
richteten 1234 die Inquisitionsgerichte ein. ((3)S.60)
Besonders berüchtigt war in Deutschland Konrad von Marburg. Später werden sogar "geheime" Zeugenaussagen
für die Ketzerverfolgung zugelassen, damit wird die Denuntiation durch "Unbekannte" in die
christliche Kirchenordnung hineingetragen. |
Hermann zur Lippe |
Bruder des Bischofs von Bremen |
Innozenz IV. |
Ab 1252 genehmigt dieser Papst die Anwendung der Folter beim Verhör von Ketzern. |
Konrad von Marburg |
Im Jahr 1227 vom Papst eingesetzt für die Inquisition in Deutschland. Auf sein Konto gehen zahlose Opfer der
Ketzerverfolgungen, die sich eigentlich als Bereicherungsorgien heraustellen werden. Da nicht nur arme Bauern sondern
auch Adlige, Kleriker und Bürger massenhaft durch Verbrennen auf dem Scheiterhaufen zu Tode kamen,
erschlugen ihn unbekannte Adlige in der Nähe von Marburg. Man vermutet, das es sich dabei um Untertanen des Kaisers Friedrich II.
handelte.
Mit großer Wahrscheinlichkeit ist Konrad auch Schuld am Tod der später heilig gesprochenen
Elisabeth von Thüringen.
Er war der spirituelle Berater bei ihren äußerst strengen Kasteiungen, an denen die Vierundzwanzigjährige verstarb.
((3)S.60) |
Tammo von Huntorf |
gewählter Anführer der Bauern in der Schlacht von Altenesch. |
3."lever dod as slov"
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Friesische und Dithmarsche Bauern hatten im 12. und 13. Jahrhundert ihre eigenen großräumigen
genossenschaftlichen Organisationen durch erfolgreiche Arbeit und kämpferische Verteidigung behaupten können.
Fortschritte in der landwirtschaftlichen Produktion bildeten die Grundlage für die
Entwicklung von Marktflecken und Städten. Wenn die Bauern nur für den Eigenbedarf und für die Abgaben an die Herrschaften
produziert hätten, wäre für die Märkte in den Städten kein Produkt über geblieben.
Aber ihre Arbeit brachte mehr Erträge, ihr Fleiß mehr Wohlstand.
So ist es Tatsache, das diese Mehrproduktion auf dem Lande, sowohl durch Ausdehnung der
Ackerflächen als auch durch gestiegene Produktivität in die arbeitsteiligen Prozesse
einfloß und die Ware-Geld-Beziehungen anfeuerte.
Jetzt aber traten höhere Begehrlichkeiten auf den Plan. Einerseits wollten die Bauern eine
möglichst selbständige ungestörte Wirtschaftsführung ihrer Höfe. Andererseits gierten
die Herrschaften nach mehr Abgaben, die jedoch auch die freien Stadtbevölkerungen als kauffähige Waren beanspruchten.
Die Städter wollten im Gegensatz zu den Adligen die landwirtschaftlichen Produkte kaufen, also
mit Geld oder städtischen Waren "bezahlen".
Noch bildeten die Städte ziemlich freie Gemeinden, zugleich wurden sie Sitze der
Gerichtsherren, die mit Hinweis auf den "Schutz" der Bevölkerungen mehr und mehr
Abgaben von den Bauern "rechtlich" erzwangen, die später den Charakter von Steuern
annehmen sollten. Da der Boden die natürliche Grundlage für die Abgaben-Produktion darstellte,
nahm der Kampf um diese Mehrprodukte die Form des Kampfes um Bodenbesitz an.
Gewaltsamer Ursprung der Leibeigenschaft
((1) S.126)
Nachweislich im 12.Jahrhundert nutzen Bischöfe und Äbte
Privilegien und Urkundenfälschungen als rechtlichen Mittel zum Boden-"Erwerb".
Mit Waffenhilfe adliger Vögte wurden die "Ansprüche" dann gewaltsam durchgesetzt. Oft flohen die Bauern vor dieser Gewalt.
Nicht so die Freiheit liebenden Friesen und Dithmarschen.
Wir wissen heute darum so genau, weil gerade in den Klöstern die Archivierung
praktiziert werden konnte durch schreibenskundige Mönche. Sie berichten z.B.
das die Hörigen der Stifte besonders wegen der Ausplünderungen einfach
flohen und die Äcker unbestellt zurück ließen. So stellte ein päpstlicher
Visitator im Bistum Minden um 1230 fest, das der dortige Bischof den Vögten
nicht entschlossen genug entgegentrete, und daher "die Güter der Kirchen
und geistlichen Personen gleichsam völlig verödet seien...".((1) S.121)
Durch den wachsenden Wohlstand der Gegend angestachelt, den ländlicher Bauernfleiß und städtisches Gewerbe
sowie florierender Handel zusammenbrachten, meldeten sich
neben einheimischen Herren auch ziemlich weitläufigere Existenzen mit ihrer
Habgier an. Sie hatten vorerst fast tatenlos zugesehen, wie vor allem holländische
Siedler die landwirtschaftliche Nutzung der norddeutschen Flußniederungen
vorran trieben und die sumpfigen Gebiete nahe der Nordsee urbar machten. Dabei wurden
kaum Abgaben erhoben. Die bäuerlichen Gemeinden selbst, die in
"Hufgenossenschaften" oder "familia" ihre mühevolle Arbeit leisteten und dabei
in einigen Gebieten immer festeren Zusammenhalt fanden, verteidigten durchaus
ihre alten Rechte gegen immer neue Ansprüche und sie gewannen Selbstvertrauen durch
ihre erfolgreichen Verkäufe auf den Märkten in den Städten. So kam es
zu sich häufenden Streitigkeiten mit den Herrschaften, in die sich nun auch
überregionale Kräfte einschalteten.
In diesen sich langsam aber stetig verschärfenden Auseinandersetzungen
bildete sich natürlicherweise eine eigene genossenschaftliche Organisationsform
der Stedinger als "universitas Stedingorum" heraus, die eine so starke Zivilstruktur
aufwies, das man sie durchaus als eine "Bauernrepublik" bezeichnen kann.
Das mußte den regionalen und den überregionalen Herrschern ein furchtbarer Dorn im
Auge sein, könnte es doch Schule machen!
Besonders die Stedinger machten an der Wesermündung nördlich von Bremen das Land urbar. Dabei stützten sie
sich auf die reichen Erfahrungen der Holländer im Deichbau und in der Entwässerungstechnik.
Da diese Arbeiten gemeinschaftlich und mit großen Aufwendungen verbunden waren, sicherten
die Adligen den Bauern anfangs gewisse Freiheiten zu. Nach dem sich die Erfolge einstellten,
wuchsen jedoch die Begehrlichkeiten der Herrschenden auf die reichen Getreideerzeugnisse und sie
versuchten mittels Gewalt ihre Habsucht durchzusetzen.
Die Bauern an gemeinschaftliche Interessenvertretung gewöhnt, befestigten folgerichtig ihre Dörfer
in gemeinsamer Arbeit mit Wehranlagen und führten als Zeichen ihrer Selbständigkeit
("universitas Stedingorum") ein eigenes Siegel.
Auch Volk aus anderen Gegenden suchte bei den Stedingern Zuflucht "um seiner Freiheit willen ".
Konsequenterweise erfolgte 1207 der erste Überfall der Truppen des Bischofs von Bremen auf die Stedinger
um Abgaben erpressen zu können!
Und genau so konsequent beantworteten 1212 die Stedinger die Kriegseröffnung mit der Zerstörung zweier Burgen!
Burgen waren damals das militärische Mittel des Adels gegen die Unterschichten.
Das zeigt sich zB. in der Dichtung des
Freidanks:
dar umbe hat man bürge / daz man die armen würge.
Jahre später scheitert ein weiterer Angriff auf die Bauernsiedlungen. Der Bruder des Erzbischofs, Hermann zur
Lippe, fand dabei den Tod. Eine Tatsache, die für die Ernsthaftigkeit des Widerstandswillens der Bauern spricht - sie
hatten ganz offenbar etwas zu verteidigen. Der Angriff (1229-1230) des Bischofsheeres erzielte keinen nennenswerten Erfolg.
Da machte die Kirche die Angelegenheit zu einem Glaubenskrieg - nicht zum ersten mal in ihrer Geschichte und
auch nicht zum letzten mal. 1231 wurden die Bauern vom Bischof auf einer Synode zu Ketzern erklärt!
Ausgerechnet Papst Gregor IX. erließ im Oktober 1232 und im Juni 1233 Kreuzzugsaufrufe gegen die
Stedinger Bauern mit der Aufforderung, den "verworfenen Stamm eifrig und wirksam
auszumerzen!"
Auf diesen Papst geht gleichermaßen die unnachsichtige Verfolgung der Armutsbewegung in Europa zurück. Die Einführung
der Todesstrafe in die kirchliche Gerichtsbarkeit belastet das Heil dieses Seelenhirten.
Erstmalig organisiert er Kreuzzüge von Christen gegen Christen
(
Albigenserkreuzzug
in Frankreich)!
Gleichzeitig
etablierte er das Verbrennen als Strafe für "Ketzer" und setzte erstmalig die
Gerichte der Inquisition durch die Dominikaner ein, die man dafür mit Hunde des Herrn beschimpfen wird.
Diese Papstseele wird sich für immer verunreinigen mit der Zulassung geheimer Zeugen in Kirchentribunale
und damit unkontrollierbare Denuntiation und Spitzelei in die Christenheit hineintragen!
Es ist eine neue Installierung brutaler Machtformen innerhalb der Kirche, die sich nicht nur gegen die Armen und die Bauern richtete.
Sie führte nachweislich zu Orgien kirchenfürstlicher Bereicherungskriminalität!
Aus guten Gründen werden 1232 die Bauern die Burg Schlutter zerstört haben.
Folgerichtig wird auch am 6.Juli 1233 das erste Kreuzfahrerheer gegen die Stedinger Republik bei Hemmelskamp von den
Bauern vernichtend geschlagen!
Die Bauern verweigern weiterhin die Zahlung des Zehnten! Sie wehren sich tapfer unter der Losung:
"lever dod as slov".
Der Historienschreiber des Klosters Stade berichtete, daß die Stedinger " sich Gott in allem entgegenstellen,
durch ihre Überredungen und schlechten Beispiele das christliche Volk schwer vergifteten, so daß eine unermeßliche
Menge von Bauern sowohl im entfernten als auch in benachbarten Gegenden diese mit
Worten verteidigte und, wenn sich die Gelegenheit geboten hätte, bereitwillig ihrer
Widersätzlichkeit Hilfe gewährt hätte...".
Der berüchtigte Konrad von Marburg, vom Papst für die Inquisition in Deutschland eingesetzt, organisierte
einen neuen Kreuzzug gegen die Bauern. Die Bauern fielen unter Bann und Interdikt.
Die Fürsten, eigentlich gegeneinader Krieg führend, einigten sich gegen die freie Bauernrepublik.
Fünf Herrscher verbündeten ihre Truppen. Und so wurden am 27. Mai 1234 die Bauern von einem zahlenmäßig überlegenen Heer
bei Altenesch geschlagen. Tausende kamen um. Gegen die Gefangenen wurde schrecklich gewütet. Das
Bauernland verwüstet!
Schlacht bei Altenesch Miniatur aus einer Bremer Handschrift
((1) S.125)
Weil die Inquisition nicht nur "Hexen", Bauern und Bürger zwecks Bereicherung grausam verfolgte und verbrennen
ließ, sondern sich aus Habsucht auch direkt an Adel und selbst an Kirchenmännern vergriffen hatte, wurde
Konrad von Marburg später von Adligen bei einem Attentat getötet.
Dreihundert Jahre später drehen sich die Kämpfe der Bauernschaft einige hundert Kilometer ostwärts an der Ostsee
um die gleichen Widersprüche,
müssen die Bauern gegen die gleiche Habgier und für ihre ursprünglichen Rechte aufstehen.
Nur die regionalen Begebenheiten und die zeitlichen politischen Verhältnisse sind anders, die sozialen Probleme
aber gleichen sich bei den Bauernaufständen in Samland (Ostpreußen).
Heute erinnert eine steinernde Säule an der B 212 an die Schlacht von Altenesch.
("Stedingsehre" , 27.5.1834(?))
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Zwischen 1150 und 1250 steigt die Zahl der Münzstätten auf deutschem Reichsgebiet von etwa 150 auf 500. (7)
Wirtschaftlich gesehen verschieben sich um 1200 die Bedingungen für den Handel mit
landwirtschaftlichen Erzeugnissen vom
Warentausch zum Geldhandel. Man muß den Handelsleuten von damals noch zugute halten, das sie oft
selbst reisten, d.h. sich den tatsächlichen Gefahren einer Reise aussetzten und das sie auch finanziell das
Risiko des Unternehmens trugen. Ihr Gewinn scheint noch gerechtfertigt ganz im Unterschied zu späteren Jahrhunderten.
Aber der beginnende Handel als Handel auf Kredit und Handel mit Geld brachte nicht nur
Fortschritt. Insbesondere die Einführung der Goldmünzen trug erheblich zur "Entwertung" der bäuerlichen Arbeit bei, weil
damit zwei Währungswelten geschaffen wurden: für die Herren die Gold- und Silberwährung, für die Bauern minderwertiges Kupfergeld.
Die Bedingungen in den deutschen Landen waren so, das jeder Versuch, einheitliche Münzen, Maße und Gewichte
einzuführen, scheiterte.(6) Um so häufiger wurden solche Versuche unternommen
und um so mehr neue Festlegungen gab es. Schließlich entwickelten sich die Verhältnisse in der Geldwirtschaft so unübersichtlich und
kompliziert, das es praktisch für die Bauern unmöglich wurde, exakte Preise, Löhne oder Werte zu bestimmen. Manche Geldmanipulation
geschah aus genau diesem Grund.
Nur die Produktions-Bedingungen für den Bauern blieben immer gleich. Und während sich das Geld ständig
veränderte, der "Wert" der Arbeit aber an sich gleich blieb, sanken die Einkommen der Bauern permanent.
Dieser Widerspruch wird im ganzen Mittelalter die sozialen Bedingungen der Landwirtschaft bestimmen und daher
werden immer wieder Bauernkämpfe auflodern. |
Notizen Bauernkriege / Hans Holger Lorenz / beg. 13. April 2011 / 24.11.2020 I (WB) To
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