Bauernrevolten, Bauernaufstände und Unruhen von Plantagenarbeitern
in der Kolonialzeit Afrikas
Hinweis: ungesicherte Angaben wurden mit einem (?) versehen, Tabelle ist unvollstänig, zu wenige Daten vorhanden
Jahr | ||
1820 | Beginn der Mahdi-Bewegung in Ägypten. Im Dorf Salimiya in der Provinz Qina mobilisiert Ahmad as-Salah mit religiösen Predigten die Bauern der umliegenden Dörfer. |
Die Zahl seiner Anhänger, für die ein neues Zeitalter der Gerechtigkeit beginnt, wächst schnell auf 40000 und bringt kurzzeitig weite Teile der Provinz unter Kontrolle.(?) |
1822 | Aufflammen einer neuen Mahdi-Rebellion unter Saih Ahmad al-Wazir in Ägypten. Staatliche Speicher werden enteignet und Repräsentanten der Staatsgewalt vertrieben. Tausende Fallahin schließen sich an. Nach mehreren Monaten wird die Bewegung von der ägyptischen Armee unter Befehl von französischen Offizieren niedergeschlagen. |
Der Tyrann Muhammad Ali soll gestürzt werden und ein Reich des »wahren Islam« errichtet werden. |
1823 und 1824 | Fallahin-Erhebungen in Ägypten. In der Delta-Provinz Manufiya erheben sich die Bauern unter Führung lokaler Suiuh. In der Provinz Qina stellt sich Ahmad ibn Idris an die Spitze eines Bauernaufstandes gegen Zwangsrekrutierungen. Seine Bauernarmee von 40000 Mann, die verstärkt wird durch Desserteure aus den Regierungstruppen, zieht den Nil entlang in Richtung Unterägypten, wird aber im Juni geschlagen. |
Unruhen gegen neue Steuern und Zwangsrekrutierungen. |
1858 bis 1861 | Bauernaufstand im Libanon. Die soziale Revolte in Kisrawan führt zur Bildung einer Bauernrepublik. (?) |
(?) |
1860 | Kämpfe zwischen maronitischen Bauern und drusischen Landbesitzern im ⇒
Irak
. Die zahlenmäßig überlegenen Bauern unterliegen den drusischen Landbesitzern. Es erfolgt eine direkte Intervention Englands und Frankreichs. |
Zuvor hatte es Pestepidemie und Naturkatastrophen gegeben (?) Die Bildung eines doppelten Kaimakamats (Gebietsaufteilungen zwischen Maroniten und Drusen) führt zu den Kämpfen, weil die drusischen Landbesitzer übervorteilt sahen. |
1865 | Letzte Mhadi-Rebellion in Ägypten. Die aufständischen Fallahin schließen sich zu Tausenden Ahmad at-Tyib an, der von den englischen Zeitgenossen als "mad fanatic and communist" bezeichnet wurde. Die Aufständischen können fast die gesamte Provinz Girga unter ihre Kontrolle bringen. Der Bauernaufstand wird mit großer Grausamkeit niedergeschlagen. |
Eine Choleraepidemie kostete in diesem Jahr 250000 Menschenleben. Hinzu kam eine künstliche Hungersnot in Mittel-und Oberägypten, verursacht durch die Verringerung des Getreideanbaus zugunsten der Baumwolle. |
1867 | Ende der ⇒
Kwenti-Rebellion
in Nigeria. Eine Strafexpedition im Gefolge der Erhebung der Bauern Kadunas machte 600 bis 700 Siedlungen um Zurguma und ⇒ Mokwa dem Erdboden gleich. Die gefangenen Dorfbewohner wurden in 6 verschiedene Sklavenplantagen in den Jima-Distrikt verbracht.(?) |
Über den Aufstand gibt es nur wenig Nachrichten, ausschließlich von den Siegern stammend. |
1871 | Kabylen-Aufstand in Algerien. | Seit etwa 1870 beginnen die Großgrundbesitzer auch die kleinen Parzellen aufzusaugen. Dagegen erhebt sich der Kabylen-Aufstand unter der Führung traditioneller Fürsten (Muhammad al-Moqrani und dessen Bruder Boumezraq). |
1881 | Nach der Fogbagba-Rebellion (?) in Nigeria wurde Mokwa ein zweites Mal zerstört (zuerst 1867 ?). Vier Dorfälteste wurden hingerichtet und ihre Köpfe auf dem Marktplatz von ⇒ Bida zur Schau gestellt. (?) |
(?) |
1882 (?) | Urabi-Aufstand in Ägypten. Der Aufstand wird in der Geschichtsschreibung nur dem Kampf gegen die britische Besetzung zugeordnet. In den Provinzen des Deltas und Oberägyptens trägt er aber den Charakter von sozialen Bauernrevolten, die nur teilweise im Zusammenhang mit dem nationalen Befreiungskampf stehen. |
(prüfen!) |
1906 | Fellachen-Revolte in Ägypten, der sogenannte Dinsawi-Zwischenfall. | Britische Blutjustiz gegen die Fellachen-Revolte in Dinschawai . |
1906 | Mahidistischer Bauernaufstand in Nigeria (Satiru-Aufstand) Satiro war Zentrum des Widerstands in der Provinz Sokoto gegen Steuererhebungen. Die Niederlage der Mahdi war nicht allein auf mangelnde Organisation der Aufständischen zurückzuführen, sondern auf die unverzügliche Kolaboration der traditionellen Lokalfürsten mit der Kolonialmacht. Zur Bekämpfung der Bauern in Satiru wurden neben Engländern auch Truppen des Sultans eingesetzt. Erst im zweiten Anlauf gelang es der britischen Strafexpedition und den Truppen des Sultans, den Aufstand niederzuschlagen. Etwa 500 Bauern wurden getötet, 3000 Frauen und Kinder gefangen genommen und umgesiedelt. Satiru wurde dem Erdboden gleich gemacht. Der Aufstand von 1906 ist bezeichnet nach einem Dorf in der Nähe von Sokoto. ⇒ Karte Nigeria Historie 1906. |
(HW: es finden sich nur sehr wenig Informationen darüber) Auslöser des Bauernaufstandes waren Steuereintreibungen. - Sokotoreich: 1804/1810 entstandenes Feudalreich - 1899 hat die brit. Regierung die Ländereien u. Besitzrechte der Royal Niger Co. übernommen. - Unter der Argumentation einer "Sklaven-Befreiung" werden in den Jahren 1901 bis 1906 wichtige Landesteile durch die brit. Kolonialarmee militärisch unterworfen, widerstrebende Herrscher (tatsächliche Sklavenhalter) durch probrit. ersetzt. Die "Sklaven-Befreiung" erfolgt nach dem Muster des Freikaufs. Die Sklaven-"Haltung" wird praktisch beibehalten bis 1935. weitere Hinweise in: ⇒ Sir Taubman Goldie (prüfen!) und ⇒ Sultan Attahiru unterstützt britische Strafexpedition gegen Bauern. |
HLhw | Für weitere Recherchen ergänzende Angaben zum Satiru-Aufstand: Die Kolonialgeschichte Nigerias ist markantes Beispiel für Teile-und Herrschepolitik. In der britischen Geschichtsschreibung als indirect rule definiert. Beispielhaft auch, wie riesige Gebiete einschließlich ihrer Bevölkerungen als Privatbesitz behandelt werden. So erhielt die ⇒ Royal Niger Company 865 000 Pfund Sterling und und 99 Jahre lang die Rechte an der Hälfte aller Bergbaueinnahmen als Gegenleistung für die Abtretung ihres Territoriums an die britische Regierung. Die ⇒ vereinte Kolonie und das Protektorat von Nigeria hatte ab 1914 zwei Vizegouverneure, von denen einer für das Gebiet der südlichen Provinz und einer für die nördliche Provinz verantwortlich war. Die Verwaltungen blieben weitgehend getrennt. Diese Spaltungen wirken in vielerlei Hinsicht bis heute. 01.10.1960: »Ausrufung der Unabhängigkeit der Förderation von Nigeria im Rahmen des ⇒ Commonwealth« [Kl. Enzyklopedie Weltgesch. Leipzig 1963 S. 541] |
[Q: Wikipedia engl. 27.10.2020]: »Military operations began in 1902 and continued for about five years of sporadic fighting.
The remnants of the Bornu Empire were conquered in 1902 and the Sokoto Caliphate and the Kano Emirate were taken over in 1903.
Fighting continued in 1904 in Bassa. In 1906 a large Mahdist revolution began outside of the city of Sokoto in the
village of Satiru, a combined force of the British and the British-appointed Sultan of Sokoto, Muhammadu Attahiru II,
destroyed the town and killed most residents involved. After 1907 there were fewer revolts and use of military force
by the British and the focus of the High Commissioner turned toward taxation and administration.«
Karte ⇒ Southern und Northern_Nigeria um 1914 in Wikipedia engl. Karte ⇒ Nigeria 1909 Wikipedia ds. Karte ⇒ Nigeria Karte → Nigeria Historie 1906 |
1918 | Massenunruhen der Bauern in Nigeria steigern sich im Juli zu einem offenen Aufstand, dem sich Angehörige anderer sozialer Schichte anschließen. Die Aufständischen zerstören Eisenbahnstrecken und Telegrafenleitungen. Läden und Speicher der europäischen Gesellschaften werden in Brand gesteckt. Der Aufstand wird mit unerhörter Brutalität niedergeschlagen, dabei wurden dreitausend Menschen getötet. |
unklar: in welchem Gebiet Nigerias bricht dieser Aufstand aus? (?) Unmittelbarer Anlaß: Erhöhung der Steuern. |
1919 | Vielzahl von Bauernrevolten während der Ägyptischen Revolution.
Ab Mitte März breiten sich die Aufstände in den ländlichen Gebieten aus. Speicher werden gestürmt, Eisenbahnlinien
zerstört und Telegraphieverbindungen unterbrochen. Gefangene und Zwangsrekrutierte werden befreit. Zur Niederschlagung werden Militär und Flugzeuge (!) eingesetzt und über hundert Dörfer durch Strafmaßnahmen der brit. Armee dem Erdboden gleich gemacht. ⇒ mehr dazu hier... |
Anlaß für die Revolten waren die Lasten aus dem I.Weltkrieg, die die britische Kolonialmacht den Fellahin auferlegte. - Rekrutierungen von 320 000Bauern in brit.Armeeeinheiten seit 1917 - Beschlagnahme von Zugtieren - Aufkauf der Baumwollernte zu Dumpingpreisen, die zur Massenverschuldungen führte - Inflation |
1919 | Aufstand kurdischer Bauern unter Mahmud Barazandschi im Irak. | Der Aufstand ist ein Höhepunkt des nationalen Befreiungskampfes gegen die brit. Besatzung, die eine "Bodenreform" durchführen ließ und damit Gemeindeland der Stammesaristokratie zuordnete. Zum ersten Mal wird eine Luftwaffe zur Bombardierung gegen eine Befreiungsbewegung eingesetzt. |
1919 | Bauernaufstand in Nigeria (?) im Sommer (?).
Aufstand erfolgte in einem anderen Gebiet Nigerias als im Jahr 1918. Zur Niederschlagung eingesetzte britische Söldner richten unter der Bevölkerung ein Blutbad an. Zur Abschreckung wurden mehr als ein Dutzend Aufständische öffentlich gehenkt, darunter eine Frau! |
Anlaß: Steuererhöhung wie im Jahr 1918 ! Desweiteren prüfen: zeitgleiche oder zwischen 1919 und 1924 Massenunruhen von Bauern in Gambia und Sierra Leone ! (?) |
1921 | Kenia Die afrikanische Organisation: East Afrika Association wird gegründet und nimmt den Widerstand gegen den Landraub der brit. Siedler (insbesondere im Weißen Plateau) auf. Die Organisation wird 1922 verboten. |
⇒ Jomo Kenyatta ist 1922 Mitbegründer der Kikuyu Central Association, die den Kampf gegen den Landraub fortsetzt. |
1926 | Nach einem ersten Bauernaufstand unter Führung von Abd el-Krim in Marokko (1921 Sieg über 10 000 spanische Soldaten bei Annual) wird der Widerstand für die Rif-Republik 1926 gemeinsam von französischen und spanischen Truppen niedergeschlagen. | (Einsatz von Flugzeugen gegen Zivilisten) |
1920 bis 1930 (?) | Aufstände der Plantagenarbeiter in Belgisch-Kongo. | Die Aufstände in den Plantagen während der 1920-1930er Jahre wurden durch Strafexpeditionen und Hinrichtungen
niedergeschlagen. Sie richteten sich gegen Zwangsarbeit und ständige Steuer-Erhöhungen. In einer Reihe von Konzentrationslagern (sogenannte "Besserungslager") wurden Tausende von Gefangenen inhaftiert. |
1937 und 1938 | Streik der Kakao-Bauern in Ghana. Großer Lieferstreik der afrikanischen Kakaobauern. |
(?) |
1947 | Der Aufstand der Landarbeiter auf der Insel Madagaskar wird 1947 vom Militär unterdrückt. | |
1948 bis 1957 | Mau-Mau-Aufstand in Kenia. 1948 beginnen Aktionen der Mau-Mau-Bauern. Britische Kolonialtruppen reagierten mit militärischen Angriffen und Umsiedlungsaktionen. Zehntausende "Verdächtige" wurden in sogenannten "Internierungslagern" gefangen gehalten . Schreckensmeldungen über die Grausamkeit der Rebellen bestätigen sich nicht. Mehr als 10 000 afrikan. Tote und 95 weiße Gefallene wurden gezählt. |
Das Land der Kikuyu wurde seit 1920 immer mehr von weißen Farmern besetzt. Den Begriff Mau-Mau-Verschwörung prägten die britischen Kolonialbehörden, als die Bauern der Kikuyu, der Embu und der Meru sich 1952 zum Aufstand erhoben. Von 1952 bis 1957 dauert der bewaffnete Kampf gegen die Vertreibung vom eigenen Land und gegen die Bevorzugung weißer Siedler (eine Rechtsänderung brachte die Verlängerung der "Bodenrechte" von 99 Jahre auf 999 Jahre nur für Weiße). |
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Notizen über Bauernbewegungen / Hans Holger Lorenz / 27. Oktober 2020 / begonnen: 1.3.2006 / (I) WB